Ägäis 2018

Hafenkino in Iraklio

Hafenmole Iraklio
Rethymno-Iraklio
Rethymno – Iraklio
2.6.2018

Am Samstag früh um sechs Uhr war es so weit. Der Wind drehte wieder von Nord nach West und blies mit ausreichender Stärke fast von achtern.

Sonnenaufgang bei Rethymno
Sonnenaufgang bei Rethymno

Wieder einmal gab es einen berührenden Sonnenaufgang, den ich euch nicht vorenthalten möchte. Kaum hatten wir den Molenkopf von Rethymno passiert, wurden wir wieder ordentlich durchgeschaukelt. Wieder hatte sich durch den Nordwind eine kräftige Welle aus Nord aufgebaut, die dann von der Küste reflektiert wurde. Bei raumem Wind von 18 kn kamen wir gut voran und freuten uns auf einen puren Segeltag ohne das lästige Brummen des Motors. Leider währte dieser Spaß nur 38 Minuten. Der Wind hatte nachgelassen und etwas gedreht, die Genua wollte dabei auch nicht mehr stehen. Also brauchten wir doch wieder die Maschine. Mit gehörigem Abstand zur Küste fuhren wir Richtung Osten. Schon bald sahen wir die Insel Dia, die nördlich von Iraklio liegt. Die Schaukelei wurde besser, als wir nun unseren Kurs nach Südosten ändern konnten. Jetzt hörten wir nur noch das Rauschen des Kielwassers unter den Rümpfen.

Hafenmole in Iraklio
2 km lange Hafenmole in Iraklio

Der Wind blies kräftig und die etwa 2 km lange Hafenmole wurde schnell sichtbar. Je näher wir an die Küste kamen, umso unangenehmer wurden wieder die Wellen. Wir waren durch unsere Handbücher vorgewarnt, dass sich in Anfahrt des Hafens ein unangenehmer Schwell aufbauen kann. Wir lavierten uns durch, nachdem wir den Motor gestartet hatten und das Großsegel geborgen hatten. Obwohl hier grundsätzlich viel Schiffsverkehr herrscht, gab es gerade außer Meerkat kein anderes Schiff in Bewegung. Hinter der schützenden Mole war von Schwell nichts mehr zu spüren.

Seajets-Katamaranfähre
Haifisch-Katamaran?

Es lagen zahlreiche große Fähren und ein Kreuzfahrtschiff im großen Hafen. Jetzt hängte ich die Fender raus und legte die Leinen fürs Anlegen parat.

Venezianischer Hafen, Iraklio
Venezianischer Hafen, Iraklio

Wir legten an einem freien Platz am Hammer (1) eines Schwimmsteges im venezianischen Hafen trotz starken Seitenwindes problemlos an. Die Coast Guard (Hafenpolizei) ist am Wochenende für die Vergabe der Liegeplätze zuständig. Sie forderte uns auf, Meerkat an einen anderen Liegeplatz (2) zu verlegen.

Hafenmauer vom venezianischen Hafen
Hafenmauer vom venezianischen Hafen mit Durchbruch

Bei 5 Beaufort aus Nordwest, die jetzt hier durch ein Loch in der Molenmauer pfiffen, war es kein leichtes Manöver. Wir schauten uns alles genau an und besprachen die einzelnen Schritte genau. Die gegenüberliegenden Stege liefen spitz aufeinander zu, sodass die Gasse zum Manövrieren zum Ende hin immer enger wurde. Die einzige Chance auf den angewiesenen Liegeplatz zu kommen, war, gegen den Wind vorwärts mit so hoher Geschwindigkeit einzubiegen, sodass Meerkats Bug keine Zeit hatte, zu vertreiben. Wir fuhren also rückwärts in die Gasse, um mit entsprechendem Schwung nach Steuerbord einzubiegen. Als wir dann auf halbem Weg auf dem zugewiesenen Liegeplatz waren – der „point of no return“ war längst überschritten -, wurden wir von einem Mann auf einem Nachbarboot aufgehalten. Wir könnten hier nicht rein, der Platz sei privat und der Eigner komme in 1 Stunde zurück. Der übernächste Platz (3) wäre frei, da sollten wir hin. Also mussten wir aufstoppen. Damit verging wertvolle Zeit. Der Bug vertrieb bei anhaltend starkem Seitenwind gegen die Mooringleine und den Bug des auf steuerbord liegenden Bootes. Die ausgebrachten Fender und mein kräftiges Abhalten vom Nachbarboot haben erst einmal einen Schaden verhindert. Da allein mit Motorkraft herauszukommen war unmöglich. Inzwischen hing Meerkat mit dem Heckteil der Steuerbordbordwand in der Mooringleine des Bootes jenseits der nun angepeilten Lücke und damit quer vor dem Liegeplatz, in den wir jetzt wollten. Das war Hafenkino der Extraklasse. Dem netten jungen Mann, der uns vom eigentlich angewiesenen Liegeplatz ferngehalten hat, übergaben wir eine Festmacherleine, die er an der Pier belegen sollte. Mit vorsichtiger Rückwärtsfahrt und meinem Abhalten vom Anker und Bug des Nachbarbootes kam unser Bug frei. Das Abhalten vom leeseitigen Nachbarboot mussten unsere Fender und Wolfgang übernehmen, was sie auch glücklicherweise mit Bravour erledigten. So konnten wir Meerkat Stück für Stück in die Lücke ziehen.

Klein-Meerkat
Klein-Meerkat eingequetscht zwischen Motoryachten

Jetzt lag Klein-Meerkat ganz unschuldig zwischen zwei viel größeren Motoryachten. Nachdem dann Meerkat richtig vertäut war, musste ich noch zur Coast Guard mit den Schiffspapieren und unseren Ausweisen. Da wurden eine Menge Formulare ausgefüllt und wir wurden in ein dickes Buch eingetragen, das mich an ein Geburtenbuch erinnerte. Bevor wir wieder abreisten, sollte ich zum Bezahlen wiederkommen. Wir inspizierten Meerkat und die Nachbarboote genau. Es schien alles glimpflich und ohne Materialschaden abgegangen zu sein, lediglich mein Zeigefinger wurde gequetscht und Wolfgangs Skipperseele war etwas lädiert. Wir hatten die Lektion gelernt, sich auch einmal der Anweisung der Polizei zu widersetzen, wenn sie zu riskant erscheint. Zum Trost gingen wir abends noch gemütlich essen. Die kleine Taverna Hagiati abseits vom Touristenrummel erwies sich als Glückstreffer: ein leckeres und günstiges Essen und dazu Retsina hatten wir uns redlich verdient.

In Iraklio pulsierte das Leben. Es war heiß. Zum ersten Mal in diesem Jahr sahen wir die 40°C im Schatten. Die Innenstadt war voller Touristen, wir hörten sehr viel deutsch. Wir hatten gelesen, dass wir hier unsere leere Gasflasche füllen lassen könnten. Das war ein wichtiger Grund, Iraklio anzulaufen. Ich fragte den griechischen Bootsnachbarn, der uns beim Anlegen geholfen hatte, wo das möglich wäre. Er schickte uns zu einem Geschäft am anderen Ende der Altstadt. Mit der leeren Gasflasche im Einkaufstrolley machten wir uns auf den Weg. Im Gasgeschäft gab es alles mögliche Zubehör für Gasanlagen, aber unsere Flasche konnten sie nicht füllen. Dafür entdeckten wir das archäologische Museum und die Anatomie der Innenstadt. In einer winzigen Garküche aßen wir zu Mittag. Garküchen nennen wir Tavernen, in denen vorbereitete Speisen an einem Tresen präsentiert werden. Man geht an den Tresen und wählt sein Essen aus. Meistens ist gute griechische Hausmannskost im Angebot. Diese Garküche hatte nur 4 Tische, die alle besetzt waren.

Um Meerkat und uns etwas Schatten zu bieten,  packten wir unsere Plane aus, die wir wie ein Zelt über den Baum spannten. Die Idee war gut, aber wir brauchten weitere Schnellspanner. Wir fanden „Captain Hook“ ein Geschäft für Anglerbedarf und Schiffszubehör. Hier kauften wir Haken und eine Gummileine, womit ich dann die Schnellspanner in der richtigen Länge selbst anfertigte. Außerdem bekam Wolfgang noch sein seit Monaten versprochenes Geschenk: einen vernünftigen Bootsmannsstuhl, der die wichtigen Körperteile zwischen den Beinen schont.

Meerkat von oben
Meerkat hätte nicht breiter sein dürfen

Mit dem neuen Bootsmannsstuhl zog ich ihn mal wieder den Mast hoch. Er fand oben eine gute Möglichkeit, den WiFi Booster anzubringen. Jetzt brauchten wir nur noch eine entsprechende Verlängerung des USB-Kabels. Außerdem benötigten wir noch ein paar andere elektronische Bauteile für eines unserer drei Solarmodule, das häufig nicht funktionierte. Wir fanden im Internet ein Geschäft, das vermutlich alles hat, was man an Ersatzteilen im Elektronikbereich sucht. Also machten wir uns wieder auf die Wanderschaft und bekamen wirklich alles, was auf der Einkaufsliste stand.

Empfehlung: ELECTRONIKA, Λ. Ικάρου & Δημοκρίτου 4, Iraklio, Tel.: 2810 343440,
website: www.electron-kriti.gr, e-mail: info@electron-kriti.gr

Holzmodell von Knossos
Holzmodell des Palastes von Knossos

Ganz in der Nähe von Iraklio befindet sich der Palast von Knossos, der größte der minoischen Paläste auf Kreta. Die Minoer entwickelten die erste Hochkultur Europas. Der Palast stammt aus dem 3. Jahrtausend vor Christus. Die Ausgrabungsstätte ist mit Sicherheit sehr beeindruckend, jedoch auch sehr überlaufen. Wir entschieden uns für den Besuch des archäologischen Museums, wo viele originale Fundstücke ausgestellt sind. Wir waren sehr fasziniert von der Ausstellung.

Trinkgefäß
Trinkgefäß: vorn wird es gefüllt, hinten daraus getrunken

Die zum großen Teil wunderschönen Fundstücke werden zusammen mit den dazugehörigen geschichtlichen Informationen sehr ansprechend präsentiert. Voll des Respekts für diese alten Kulturen verließen wir nach einigen Stunden das Museum.

Ein paar Tage nach uns legte in unserer Nähe ein Segelboot mit deutscher Flagge an. Uwe, der Eigner, hatte mit seinem Boot in Iraklio auf dem Trockendock überwintert und kannte sich gut aus. Zwei Abende nacheinander saßen wir zusammen und tauschten Erfahrungen und Abenteuer aus. Von ihm erfuhren wir, dass man bei „Captain Hook“ Gasflaschen füllen lassen kann. Voller Hoffnung auf Gasnachschub ging ich dorthin. Sie versprachen mir nichts, aber ich solle am nächsten Tag um die selbe Zeit wieder kommen. Zum Glück konnte ich tatsächlich die gefüllte Gasflasche abholen. Jetzt passte auch der Wetterbericht. Ich ging nochmal zur Coast Guard zum Bezahlen. Noch ein kompliziertes Formular musste von der Polizistin ausgefüllt werden. Dann kam die Rechnung: pro Nacht bezahlte ich knapp 4 € für Liegegebühren, Strom und Wasser. Nach neun Tagen in Iraklio zogen wir weiter nach Osten.

Fähre im Hafen von Iraklio
Fähre mit Kurs auf Meerkat

Als wir aus dem venezianischen Hafen in den großen Hafen einfuhren, nahm gerade eine große Fähre ihren Anker auf. Wir wichen ihr bis dicht an die Mole aus und warteten sicherheitshalber bis sie abgelegt hatte. Dann ging es auf zu neuen Abenteuern nach Agios Nikolaos.