
13.6. – 14.6.2018
Am 13. Juni gegen 11:30 Uhr legten wir in in der Marina Agios Nikolaos ab. Die ganze Stadt scheint vom Tourismus zu leben, ein Souvenirshop reiht sich an den anderen. Nach dem Besuch des quirligen Markt war ich froh, mit Wolfgang und Meerkat wieder auf dem Mittelmeer zu schwimmen, obwohl dieses sich durch den Sturm der vergangenen Tage noch recht bewegt präsentierte. Wir hatten unseren ursprünglichen Plan, von Kreta aus über Rhodos, Kos und Kalymnos nach Norden zu segeln, geändert und steuerten jetzt direkt die Insel Leros an. So starteten wir einen Tag früher, um den günstigsten Wind für diesen Kurs zu nutzen. Das Großsegel war im 1. Reff, die See wie schon in den letzten Tagen rau, aber wir erwarteten, dass der Wind im Laufe der Zeit stetig nachlassen würde. In der Bucht vor Agios Nikolaos war es wieder sehr böig, die Verhältnisse insgesamt wechselhaft. Je mehr wir aus dem Küstenbereich Kretas heraus kamen, um so schöner wurde das Segeln. Der Wind war gut, der Motor schwieg 13 Stunden lang. Beide genossen wir unseren Weg. Nach ungefähr 9 Stunden drehte der Wind etwas weiter in Richtung Norden, und wir konnten unseren optimalen Kurs nicht mehr halten. Inzwischen war es dunkel und schon wieder dämmrig geworden. Wir steuerten jetzt direkt auf eine unbewohnte und unbeleuchtete Felsengruppe zu. Dessen bewusst, kalkulierte ich während meiner Wache einen Kreuzschlag ein. Als Wolfgang die Wache übernahm, sagte er: „Da hast du mir ja etwas eingebrockt“. Es gelang ihm, ohne zu kreuzen, bei Dunkelheit an den felsigen Inseln vorbei zu steuern.

Im Morgengrauen passierten wir die nördlich davon gelegenen Adelfi-Inseln. Die größere heißt Μεγάλος Αδελφός (großer Bruder), die kleinere Μικρός Αδελφός (kleiner Bruder). Der Wind hatte nachgelassen. Der Motor musste wieder arbeiten, so war es nicht schwer, den richtigen Kurs zu fahren. Wir segelten an Astypalaia vorbei, eine Insel, die wir sicher später noch besuchen werden. Dann tauchten die Küsten von Kos und Kalymnos am Horizont auf bis wir schließlich gegen 16 Uhr in der Leros-Marina in Lakki auf Leros anlegten.

Wir wurden von einem Angestellten der Marina im Dinghi zu unserem Liegeplatz begleitet. Nachdem Meerkat ordentlich festgemacht war, und ich uns angemeldet hatte, konnten wir uns erst mal entspannen. Dann erkundeten wir die Marina.

Die ganze Anlage ist in einem außergewöhnlich guten und gepflegten Zustand.

Die sanitären Anlagen suchen ihresgleichen in ganz Griechenland, wahrscheinlich sogar im ganzen Mittelmeerraum.


Es wird großer Wert auf Umweltschutz gelegt. Unter anderem gibt es die Möglichkeit, Sondermüll wie gebrauchte Dieselfilter oder Altöl abzugeben.

Selbstverständlich konnten wir unseren Kühlschrank dort deponieren, die Dame im Büro jedenfalls sah darin kein Problem.

Wir entschlossen uns, Meerkat hier im November aus dem Wasser zu nehmen und über den Winter an Land stehen zu lassen. Darüber schlossen wir einen Vertrag ab und leisteten eine Anzahlung. Jetzt sollte der Kühlschrank endlich auch sein Asyl bekommen. Doch ein junger Mariniero sagte, es gäbe keinen Platz für diesen großen Kühlschrank. Nach einigen Diskussionen fand sich ein Platz unter einem langfristig abgestellten Katamaran. Wir waren nun im wahrsten Sinne des Wortes (um unseren blinden Passagier) erleichtert.
Am der Stadtkai in Leros trafen wir Andrea und Bob von der Dorado wieder. Ihr Boot hatte leider einen Motorschaden, die Maschine war ausgebaut, die Teile waren bestellt, aber noch nicht geliefert. Sie hatten schon die Gegend erkundet und konnten uns wertvolle Tipps über die Infrastruktur geben. Vor allem aber verbrachten wir einige wundervolle Stunden zusammen.
Auf Leros kommen immer noch fast täglich neue Menschen auf der Flucht an. Vor allem am Abend war der Hafenbereich voll mit Migranten. Ich hatte den Eindruck, dass sich die Einwohner von Leros sich mit der Situation arrangiert haben. Die Atmosphäre ist entspannt, in den Geschäften scheint sich das Angebot der veränderten Nachfrage anzupassen. Es gibt viele Produkte mit arabischer Aufschrift. Werbeschilder sind oft zweisprachig: griechisch und arabisch. Tagsüber gibt es ein friedliches Nebeinander. Man trifft sich auf der Promenade. Man spaziert, angelt, knabbert Nüsse und Sonnenblumenkerne. Die Kinder spielen laut und unbeschwert. Ein paar wenige bettelnde Kinder waren auch dazwischen. Nach Einbruch der Dunkelheit allerdings ist am der Stadtkai viel los. Jugendliche aller Altersstufen treffen sich. Es werden Auto- und Motorradrennen gefahren, es ist sehr laut und anscheinend fließt wohl auch viel Alkohol. Das war für unsere Freunde eine Belastung, die mit einem Boot ohne Motor dem Trubel nicht entfliehen konnten.
Am 19. Juni verließen wir die Marina aus Kostengründen und ankerten in der Bucht von Lakki. Versorgt mit neuen Vorräten, Wasser und Diesel wollten wir am am nächsten Morgen früh starten, um weiter Richtung Norden zu kommen. Leider passierte mir ein blödes Missgeschick: ein Ring, mit dem die Ruder am Dinghi befestigt werden, fiel ins Wasser. Zum Glück war das Wasser klar, wir konnten gut sehen, wo er lag. An der Stelle war das Wasser etwa 7 m tief. Zur Erinnerung: Wir haben ein amerikanisches Boot. Ersatzteile sind in Griechenland schwer zu beschaffen. Also musste Wolfgang tauchen. Seine Luft reichte nicht, den Grund zu erreichen. Ein weiteres Problem war, dass Meerkat sehr schwoite. Dadurch verschwand der Ring immer wieder aus unserem Blickfeld. Wir warfen unseren Heckanker über dem Ring. Dadurch war zumindest die Position des Ringes markiert. Allein blieb noch die Wassertiefe: Wie kann Wolfgang es schaffen, zum Grund zu kommen um den Ring aufzunehmen? Taucher haben Bleigurte, wir haben eine 10-kg-Kettlebell! Wir banden diese an eine Leine. Das andere Ende der Leine befestigten wir an Meerkat. Mit dem Gewicht in der Hand tauchte Wolfgang schnell ab und kam mit dem Ring in der Hand wieder hoch. Die Kettlebell konnten wir anschließend mit der angebundenen Leine an Bord holen. Die gesamte Aktion dauerte doch relativ lange, ein großer Teil des Vormittag war vorbei. Wir entschieden uns, noch eine weitere Nacht in der Bucht zu bleiben um dann am nächsten Morgen wirklich früh genug zu starten.