
9.7.2018
Unsere Reise ging jetzt weiter nach Norden. Sie verlangte von uns beiden Geduld und Durchhaltevermögen. Es begann die Meltemi-Zeit. Meltemi ist ein fast den ganzen Sommer wehender Nordwind. Es macht keinen Spaß, mit Meerkat sehr hoch am Wind unterwegs zu sein. Ohne Motorhilfe kommen wir dann kaum voran. Wir motorten unter Segeln die ganze Strecke. Unser Ziel war die Kalloni-Bucht auf Lesbos. Nach langen achteinhalb Stunden erreichten wir die Einfahrt in diese Bucht. Sie hat eine schmale Fahrrinne, die gut betonnt ist. Zusätzlich sind gut sichtbare Landmarken aufgestellt. Beide Navigationshilfen gibt es in Griechenland selten und noch seltener sind sie so gut gepflegt. Wir fanden einen wunderschönen Ankerplatz in der Bucht von Apothiki. Wie üblich mussten wir unsere Obst- und Gemüsevorräte auffüllen. Laut Google Maps sollte es in dem kleinen Ort Apothiki auch einen Supermarkt (Kalloni warehouse) geben. Merkwürdigerweise sollte er in Ufernähe im Wasser liegen. Nach 20 Minuten Fußweg fanden wir dort nur Wasser und am Ufer einen unscheinbaren Schuppen, der nicht das Geringste mit einem Supermarkt zu tun hatte.

Gegenüber unseres Ankerplatzes gab eine kleine Taverne, die während der griechischen Sommerferien von einem etwa 13 jährigen Mädchen und deren Großmutter betrieben wurde. Die Großmutter kochte vorzüglich. Und als ob sie wusste, dass unsere Gemüsevorräte knapp waren, schenkte sie uns zum Abschied Gurken und Auberginen aus dem eigenen Garten. Diesen ruhigen Ort und die herzliche Gastfreundschaft genossen wir sehr. Wir blieben 2 Tage dort und fühlten uns sehr wohl.

11.7.2018

Mit der Morgendämmerung am 11. Juli brachen wir auf zu einer weiteren wunderschönen Bucht auf Lesbos. Sigri liegt an der Westküste von Lesbos. Es ist ein ruhiges Dorf mit einem kleinen Fischerhafen und 2 Buchten zum Ankern. Je nach Windrichtung liegt man entweder südlich oder nördlich der Stadt ruhiger. Für die nächsten Tage war weiter Nordwind vorhergesagt. Daher steuerten wir die Südbucht an.

Kurz bevor wir unser Tagesziel erreicht hatten, passierten wir mit angemessenem Abstand in der Südeinfahrt zu Sigri eine kleine Felseninsel, auf der das Wrack einer 2007 gestrandeten Segelyacht liegt. Dieses „Wahrzeichen“ von Sigri wirkt wie eine Warnung vor Leichtsinn oder Unaufmerksamkeit beim Segeln. Als wir zur angesteuerten Ankerbucht kamen, war diese schon relativ voll. Wir ankerten so, dass Meerkat gerade noch außerhalb des abgetrennten Badebereichs lag. Am nächsten Morgen wurde ein besserer Platz frei. Wir verlegten Meerkat dorthin und fühlten uns damit viel wohler.
Unsere Vorräte waren nahezu aufgebraucht. Noch am Nachmittag fuhren wir deshalb mit dem Dinghi an Land.

Ich kaufte in einem kleinen Gemüseladen einiges an Obst und Gemüse. Die Besitzerin konnte meinen 20€-Schein nicht wechseln. Sie sagte, ich soll beim nächsten mal alles bezahlen. Dieses Vertrauen hat mich wirklich verblüfft. Als ich am nächsten Tag wiederkam, wollte sie zunächst das Geld für meinen vorherigen Einkauf nicht annehmen. Ich setzte mich aber durch und bezahlte die gesamte Rechnung. Als ich noch ein weiteres Mal bei ihr einkaufte, freute sie sich sichtlich, mich wiederzusehen.

Natürlich testeten wir wie fast überall die griechische Küche in den Tavernen vor Ort.

Besonders gut aßen wir in der Fischtaverne Remezzo, von der aus wir einen herrlichen Ausblick auf Bucht von Sigri mit Meerkat hatten.
In unserer Bucht war ein Kommen und Gehen von Booten. Während das Endspiel der Fußball-WM lief, warf ein neues ankommendes Boot seinen Anker genau an der Stelle, wo unser französischer Bootsnachbar seinen Anker geworfen hatte. Jetzt nahm das Unglück seinen Lauf. Der neu gefallene Anker schlierte (hielt nicht). Langsam trieben die Boote unseres französischen Nachbarn und des Neuankömmlings in Richtung des felsigen Ufers, während die französische Crew im Restaurant war, um das Endspiel zu sehen. Der Skipper des neuen Bootes musste seinen Anker wieder hieven. Dabei kamen zwei (!) Anker an die Wasseroberfläche. Beide Anker waren so miteinander verhakt, dass es dem Skipper nicht gelang, die beiden Anker zu trennen. Gerade suchte ich die Telefonnummer der Taverne im Internet, um den Franzosen zu informieren, da sah ich den französischen Skipper mit seinem Dinghi zu dem Neuankömmling fahren. Gemeinsam schafften sie es, die beiden Anker voneinander zu trennen. Wir konnten nicht verstehen, was die beiden miteinander redeten, aber freundlich war es offensichtlich nicht. Der Franzose ankerte alleine neu. Er wechselte zwischen Ankerwinsch und Cockpit hin und her, bis wieder alles zu seiner Zufriedenheit war. Dann fuhr er mit dem Dinghi ans Ufer. Das andere Boot ankerte weit davon entfernt und war am nächsten Morgen früh wieder aufgebrochen. Nachdem das Endspiel vorbei war und Frankreich gewonnen hatte, kam die ganze Crew anscheinend versöhnt wieder an Bord. Wir blieben 6 Tage in Sigri, bis die Wetterprognose für die Weiterfahrt nach Limnos günstig war.