Törn von WHV ins Mittelmeer

Zwischen Skylla und Charybdis

Wasserhose im Tyrrhenischen Meer

Von Terrasini nach Reggio di Calabria

Terrasini – Reggio die Calabria

Der Wetterbericht hatte uns für die Weiterfahrt Richtung Straße von Messina Wind in Böen bis zu 24 kn aus nordwestlichen Richtungen verangekündigt. Das ließ uns am 19.9.17 morgens froh und mutig aufbrechen. Um 8:20Uhr ging es los.

Flughafen Palermo
Flughafen von Palermo

Wir fuhren am Flughafen von Palermo vorbei. Zunächst hatten wir eher wenig Wind. Der Motor blieb bis 11:35 Uhr an. Jetzt kam der Wind direkt von hinten. Wir konnten wieder einen schönen Schmetterling segeln. Nach einer guten Stunde hatte der Wind etwas gedreht, jetzt segelten wir wieder „normal“ mit Groß und Vorsegel auf der selben Seite. Noch eine Stunde später verkleinerten wir die Segelfläche, die Genua wurde gerefft, weil der Wind jetzt 20 kn erreicht hatte. Dem Autopilot konnten wir die Steuerung bei diesen Verhältnissen nicht zumuten. Deshalb mussten wir uns beim Mittagessen abwechseln. Es gab italienischen Salat aus der Dose mit gekochten Eiern, von denen wir immer welche auf Vorrat hatten. Nördlich von uns baute sich eine Schlechtwetterfront auf, in der sich gegen 14:30 Uhr eine Wasserhose entwickelte.

Wasserhose querab Termini Imerese
Wasserhose entwickelt sich unter massiven Quellwolken
Beginn der Wasserhose
Beginn der Wasserhose als schmaler Schlauch mit Gischtfuß
Wasserhose nähert sich
Die Wasserhose verstärkt sich und kommt näher
Wasserhose wird größer
Die Schlauch nimmt weiter Wasser auf und wird breiter
Wasserhose
Die Wasserhose nähert sich, der Schlauch wird dicker und dichter
Wasserhose
Der Gischtfuß nimmt ab und der Schlauch wird dünner
Ende der Wasserhose
Der Schlauch wird noch dünner und die Wasserhose kollabiert

Zum Glück zog sie an uns vorüber. Es ist wirklich nicht lustig, da hineinzukommen. Häufig wird das Boot durch die immensen Windgeschwindigkeiten zerstört oder es läuft innerhalb von Sekunden mit Wasser voll und sinkt. Es war spannend zu beobachten, wie sie sich verstärkte, danach wieder abschwächte, bis sie in sich zusammenfiel. Das Schauspiel verfolgten wir 6 Minuten.

Der Wind frischte weiter auf, hier waren es jetzt 24 kn. Plötzlich drehte sich der Propeller unseres Drivelegs mit. Das durfte nicht sein. Ein Blick nach hinten brachte Gewissheit: Der Antrieb hatte sich von selbst abgesenkt! Wenn der Motor aus ist, wird es mit einer hydraulischen Pumpe aus dem Wasser gehoben, einerseits zu dessen Schonung, andererseits um den Wasserwiderstand zu verringern. Wir sahen schnell, hoch pumpen ging nicht, da baute sich kein Druck auf. Bei starkem Wind und dem entsprechenden Seegang hatte Wolfgang alle Mühe, die Schraube, die sich gelockert hatte, wieder zu befestigen. Er musste sich dazu hinten quer aufs Boot legen und kopfüber an der Außenseite des Hecks arbeiten. Dann band er mit einer Leine den Antrieb hoch. Auch das war nicht leicht, musste diese doch erst mal hinter das Driveleg kommen. Zum Glück klappte es, wir konnten so erst mal weiterkommen. Ab jetzt überlegten wir mindestens zweimal, bevor wir den Motor anließen, mussten wir doch anschließend ihn wieder mühsam hochbinden, bis wir die Hydraulik wieder repariert hatten. Als er fertig war, wurde der Wind zahm, 12 kn aus NW. Bis 19:20 Uhr hielt sich der Wind, dann nahm er wieder zu. Die Genua wurde bei 17 kn bereits ins 1. Reff genommen, da inzwischen für die 2. Hälfte der Nacht bis 31 kn Wind in Böen vorhergesagt waren, nahmen wir bereits bei 9 kn (!), rechtzeitig vor Einsetzen des angekündigten Starkwinds, das Großsegel in das erste Reff. Gegen 4:30 Uhr musste die Genua ins zweite Reff und um 5:30 Uhr hatte ich alle Mühe, bei 35 kn das Groß ins zweite Reff zu bekommen. Als es geschafft war, war der schlimmste Wind schon vorbei.

Aufgewühlte See nach dem Sturm vor der Straße von Messina

Das Wetter hatte sich etwas beruhigt, es war inzwischen wieder hell geworden.
Jetzt kam die nächste spannende Geschichte: die Straße von Messina! Mein Vater wusste aus den antiken Sagen, dass diese sehr gefährlich sei. Ich konnte ihn beruhigen, seit einem Erdbeben im 17. Jahrhundert ist es nicht mehr ganz so gefährlich. Die Enge bei der Einfahrt in die Straße von Norden her kommend führt zwischen Skylla und Charybdis hindurch.

Brodelnde Straße von Messina
Brodelnde Straße von Messina

Bei Wikipedia steht:

„Skylla (Szylla) und Charybdis sind Meeresungeheuer aus der griechischen Mythologie, die in der Straße von Messina lebten und jeweils eine Seite der Meerenge besetzten. Skylla hatte sechs Köpfe mit einer dreifachen Reihe Zähne in jedem Maul und fraß jeden, der in ihre Nähe kam. Charybdis sog dreimal am Tag das Meereswasser ein, um es danach brüllend wieder auszustoßen. Schiffe, die in den Sog gerieten, waren verloren.“

Tatsächlich gibt es einen brodelnden Strudel dort, er heißt Charybdis. Der Ort auf der kalabrischen Seite der Straße von Messina heißt Scilla. Es ist dort eng, und normalerweise sind viele Schiffe unterwegs. Charybdis lies das Wasser brodeln, es war als ob das Meer kochte. Das war auch richtig laut. Da uns beim Queren der Straße von Messina der Wind verlies, und wir einem Cargoschiff die Fahrrinne freimachen mussten, entschieden wir uns notgedrungen, den Antrieb wieder von seiner Schlinge zu befreien und den Motor zu Hilfe zu nehmen.

Fähre quert
Fähre aus einer Hafeneinfahrt kommend

Es gab viel Verkehr zwischen Sizilien und Kalabrien und auch auf der Nord-Süd-Achse. Wir beobachteten immer sorgfältig die Hafeneinfahrten. Fähren sind sehr schnell, und vom Ablegen bis zum Kreuzen unsrer Route vergeht meist nur kurze Zeit. Prompt haben wir Bekanntschaft mit einer Fähre gemacht, die direkt hinter uns gequert hat.

Es fing plötzlich an, heftig und fast waagrecht zu regnen, sodass ich förmlich nach meiner Segeljacke schrie, die seit der Biskaya unbenutzt am Haken hing. Ursprünglich hatten wir vor von Terrasini bis Kyllini durchzusegeln (ca. 440 nm bzw. 815 km). Der Wind hätte diesmal gepasst. Müde und kaputt entschieden wir uns jedoch schnell auf Höhe von Reggio di Calabria, die dortige Marina anzulaufen um erst einmal auszuschlafen. Um 10:15 Uhr war Meerkat fest am Steg vertäut. Unsere Stegnachbarn waren auch gerade angekommen, sie waren von Korfu aus über das Ionische Meer gekommen und hatte auch schweres Wetter gehabt. Wir tauschten uns kurz aus und dann wurde es auf beiden Booten still. Schlafen und Erholen war angesagt. Eigentlich wollten wir noch am selben Tag weiter, aber unsere Körper und Seelen brauchten Pause.

So blieben wir bis zum nächsten Morgen. Wir hatten die Gelegenheit zu duschen und unsere Vorräte zu ergänzen. Das gab ein gutes Gefühl führ die nächste lange Etappe übers ionische Meer nach Kyllini.