Ägäis 2019

Paradies mit Wermutstropfen

Blick auf die Bucht von Dimitraki
Buchten um Diaporos
Buchten um Diaporos
26. Mai bis 19. Juni 2019

Es war Ende Mai, hierher hatten sich noch nicht viele Urlauber aufgemacht. Die Gegend wirkte noch etwas verschlafen. Der Sithonia, dem mittleren Finger der Chalkidiki, ist im Nordosten die Insel Diaporos vorgelagert. Eine Meerenge im Norden und Süden trennt den Ormos Mesopanagias und den Ormos Dimitris vom offenen Meer ab. Man ist geschützt wie auf einem Binnensee, der von zahlreichen Buchten mit türkisfarbenem Wasser und mit Sandstränden umgeben ist. Auf Diaporos gibt es einige alleinstehende Häuser, die jetzt noch unbewohnt schienen.

Villa Beyond Paradise
Villa Beyond Paradise

Von Meerkat aus schauten wir auf eine Villa mit dem Namen „beyond paradise“. Ich war neugierig und recherchierte im Internet: eine Woche lang in dieser Villa zu wohnen kostet 18600 €.

Rohrtransport mit dem Floß
Rohrtransport mit dem Floß

In der Nähe davon wurde etwas gebaut, an einem Sonntag beobachteten wir, wie Männer großlumige Rohre mit einem Floß auf die Insel brachten. In dieser Bucht lagen noch zwei weitere Segelboote. Mit unseren unmittelbaren Nachbarn kamen wir ins Gespräch. Sie sind seit 10 Jahren mit ihrem Boot unterwegs. Im Winter haben sie ihr Boot in Limni auf Euböa. Sie sind dort sehr zufrieden und brachten uns dazu, dass wir uns immer mehr mit dem Gedanken anfreundeten, auch dort zu überwintern. Auch unsere Freunde Bob und Andrea werden ihr Boot in Limni an Land stellen, dann allerdings selbst die kalte Jahreszeit weiter im Süden verbringen. Wir können uns vorstellen, in einem Appartement nahe der Werft zu wohnen und dann gut an Meerkat die notwendigen Arbeiten zu erledigen. Wir  verabredeten alles telefonisch und die Bestätigung  per Email kam prompt. Den Winter in einem Hafendorf auf einer griechischen Insel zu verbringen,  wird auch spannend.

Doch zunächst waren wir hier im Sommer in einer Gegend, die an die Südsee denken ließ. Es wehte kaum Wind. Dadurch war es tagsüber schon sehr heiß und manchmal unangenehm schwül.  Nur gegen Abend zuckten gelegentlich Blitze von einem fernen Gewitter am Horizont.

Motorboote in der Bucht vor Koukas
Motorboote in der Bucht vor Koukas

Langsam füllten sich die Buchten, mehr mit Motor- als mit Segelbooten. Nach einer Woche in der Bucht vor Koukos wollten wir eine  Bucht weiter nördlich ankern.

Ormos Koumarades
Ormos Koumarades

Die zwei guten Ankerplätze waren bereits durch zwei andere Boote belegt. Es war jedoch eine Mooringboje (eigentlich 3 im Bündel) in ausreichendem Abstand zum Ufer und benachbarten Felsen frei.

Felsen nahe am Strand von Koumarades
Felsen nahe am Strand von Koumarades
Wanderboje in der Bucht von Koumarades
Wanderboje in der Bucht von Koumarades

An dieser machten wir fest. Gegen Abend zog sehr schnell ein Gewitter mit Windböen bis 26,8 kn auf.

Aufziehendes Gewitter
Aufziehendes Gewitter

Wir wurden etwas nervös, man weiß ja nie, wie gut so eine Mooring verankert ist oder welchen Belastungen sie standhält.

Mooringleine mit Muschelbewuchs
Mooringleine mit Muschelbewuchs

An der Leine unter unserer Boje hatten sich einige Muscheln niedergelassen, offensichtlich wurde sie also nicht häufig frequentiert. Wir hielten also beide Wache, und beobachteten an unserem Echolot, wie die Wassertiefe unter Meerkat abnahm. Vor dem Gewitter lagen wir auf etwa 7m. Nach und nach verringerte sich die Wassertiefe bis auf 2,2 m. Da waren die Felsen an der Küste schon sehr nahe. Mit dem Schlüssel in der Hand waren wir bereit, sofort den Motor zu starten um uns von den Felsen fernzuhalten. Der Wind ließ glücklicherweise nach und drehte etwas, sodass Meerkat dann 5,60m Wasser unter den Rümpfen hatte. Der Mooringblock (meist ein Betonblock), an dem die Mooringleinen auf dem Meeresgrund befestigt waren, hatte sich offenbar verschoben Laut GPS waren es etwa 10 m. Nachdem der Wind fast eingeschlafen war, fühlten wir uns einigermaßen sicher und konnten gut schlafen. Am nächsten Morgen, als das Wasser ganz still  und klar war,  konnten wir die Schleifspuren der Kette und des Mooringblocks sehen.

Von Zeit zu Zeit trafen wir uns mit Bob und Andrea von der Dorado.

Dorado in der Bucht von Dimitraki
Dorado in der Bucht von Dimitraki

Später kamen unsere schottischen Freunde Gordon und Louise von der Camira dazu. Es gab viel zu erzählen, die gemeinsamen Stunden vergingen wie im Flug.

Meerkat mit Dinghi in der Bucht von Dimitraki
Meerkat mit Dinghi in der Bucht von Dimitraki

Wir wechselten unseren Ankerplatz nach unseren Bedürfnissen. Nördlich des Ormos Mesopanagias und des Ormos Dimitris ist der Ormos Panagias mit einem kleinen Hafen und einer kleinen Marina für Freizeitboote. Dorthin fuhren wir, um unsere Frischwasservorräte aufzufüllen und um mit Landstrom unsere elektrische Zahnbürste zu laden (unser Inverter war noch defekt). Der Captain der Marina war sehr grantig, aber wir bekamen was wir brauchten.

Gestrandetes Boot in Panagia
Gestrandetes Boot in der Bucht von Panagia

Auf Nachfrage erzählte er uns auch die Geschichte des vor der Marina liegenden gestrandeten Bootes. Vor drei Jahren lag dieses Boot in der Bucht vor Anker. Im Sturm hielt der Anker nicht und das Boot trieb auf den Strand. Die Polizei hat den Eigner ausfindig machen können. Dieser hat offenbar das Interesse an seinem Boot verloren. Seit drei Jahren ziert es nun diesen Strand. Es ist äußerlich offenbar noch in einem recht guten Zustand.

Von der Marina aus gingen wir zu Fuß in den Ort, genossen in der Taverne Aristos ein mittelmäßiges Essen mit hervorragender Aussicht zu einem stolzen Preis.

Farben am Hafen in Panagia
Färbung des Wassers am Hafen in Panagia vor der Taverne Aristos

Je länger wir in dieser Region waren, um so mehr füllte sie sich. Vor allem gab es immer mehr Freizeitmotorboote. Boote bis 35 PS konnten sogar ohne Führerschein ausgeliehen werden. Im Zuge der EU-Harmonisierung wurde in Deutschland sehr zum Leidwesen vieler Segler die Grenze für das führerscheinlose Fahren von 5 PS auf 15 PS heraufgesetzt. Diese schnellen Motorboote waren bei Urlaubern offensichtlich sehr beliebt. So können diese auch die vielen kleinen und größeren Buchten vom Wasser aus erreichen.

Da hat es jemand eilig

Für uns Segler sind diese Boote ein Horror. Sie erzeugen mit ihren starken Motoren einen heftigen Schwell, der die Boote vor Anker so heftig schaukeln lässt, sodass schon mal Gegenstände vom Tisch und aus dem Regal fallen. Rücksichtnahme scheint hier ein Fremdwort zu sein.

Im Gegenteil hatte man den Eindruck, das das noch den Urlaubsspass erhöhte. Besonders heftig war es , als so ein Boot schnell einen Kreis um Meerkat fuhr. Die Wellen kamen dann von beiden Seiten auf Meerkat zu. Wir wurden kräftig durchgeschüttelt. Vielen  Dingen vom Tisch wurden „abgeräumt“. Der Kaffeefilter flog von der Kaffeekanne – zum Glück ins Spülbecken.

Wir erwarteten zwei Pakete aus Deutschland, die an das Postamt in Agios Nikolaos, dem 4 km entfernten Zentrum, geschickt wurden. Dort hatte ich im voraus angerufen, um zu klären, ob wir Pakete dorthin senden lassen könnten. Das wurde mir zugesagt. Es wäre nur wichtig, dass die richtige Postleitzahl und meine Telefonnummer auf dem Paket stünden. Leider nahm aber der diensthabende Postbeamte die Pakete nicht an, weil er mich nicht kannte. Telefonisch vereinbarte ich daraufhin, dass die Pakete zu einer Tankstelle in der Nähe geliefert werden würden, allerdings erst 5 Tage später. Um diese Pakete abzuholen, verlegten wir uns wieder in den kleinen Hafen in Ormos Panagia. Als wir dort ankerten, konnte Wolfgang plötzlich den Rückwärtsgang nicht mehr einlegen. Das Ankermanöver klappte trotzdem, aber wir mussten das Problem möglichst schnell beheben.

Defekte Schaltbox

Wir hatten schon die Schalteinheit abgeschraubt, als ein Ausflugsboot nach dem anderen in den Hafen zurück kam. Das dritte dieser Boote machte uns mit mehrfachem lauten Hupen klar, dass wir weichen mussten, damit es genug Platz zum Anlegen hatte. Zum Glück war die Schaltbox zwar ausgebaut, aber noch funktionsfähig. Die Vorwärtsfahrt war noch möglich.  Eilig aber ohne Hektik holten wir den Anker auf und machten Platz. Wir suchten zunächst nach einer weiteren Ankermöglichkeit in der Nähe, entschieden uns dann, lieber in die Nachbarbucht  Ormos Dimitraki zu fahren, um dort Platz zu haben um  ohne funktionierenden Rückwärtsgang zu ankern.

Kleine Bucht auf Dimitraki, wo wir die Gangschaltung reparierten

Das gelang uns gut, wir fanden auch einen ganz guten und ruhigen Platz. Die Reparatur war zum Glück leicht möglich. Eine Schraube hatte sich gelockert und blockierte die Bewegung des Schalthebels nach hinten. Zum Glück steckte die Schraube gerade noch so in ihrer Führung. Sie hätte auch herausgefallen und in den unergründlichen Tiefen von Meerkat verschwunden sein können. Die Gelegenheit, dass die Schalteinheit gerade geöffnet war, nutzte Wolfgang, um das Innenleben samt Bowdenzügen gründlich mit Teflonspray zu pflegen. Wir hatten viel Glück: Nicht nur, dass die  Reparatur einfach war, sondern auch, dass das Problem bei relativ harmlosen Wetterverhältnissen aufgetreten war. Es gibt einige Berichte von Schiffsunfällen bis hin zum Totalschaden, die auf Grund von nicht funktionierenden Schaltungen passierten.

Obwohl der Fußweg zu der Shelltankstelle, wo wir am nächsten Tag die beiden langerwarteten Pakete abholten,  von dieser Bucht aus etwa 10 Minuten länger war, blieben wir an unserem Platz. Abends fuhren keine Motorboote mehr und auch die Badegäste verschwanden nach und nach. Wir erwarteten eine geruhsame Nacht.

Segelboot an der Einfahrt zum Ormos Dimitraki
Segelboot an der Einfahrt zum Ormos Dimitraki

Um 3 Uhr war diese leider vorbei. Wir wurden von unangenehmem Geschaukel geweckt. Es kamen Wellen, also Schwell in die Bucht. Dann hatte sich der Wind gedreht und wir hatten die Wellen von der Seite. Am meisten schaukelt Meerkat, wenn sich ein Rumpf im Wellental, der andere auf dem Wellenberg befindet. Kommt die Welle von vorn oder hinten, spüren wir sie vor Anker kaum. Gerädert oder besser gesagt gerollt saßen wir am nächsten Morgen am Frühstückstisch. Da wir gerne nach 24 Tagen in diesem Gebiet weiter reisen wollten, mussten wir auch unsere Vorräte auffüllen. Pakete, Trinkwasser und Obst und Gemüse für mehrere Tage zurück zu Meerkat zu tragen, war unmöglich. Freundlicherweise nahm der Lieferservice des Supermarktes nicht nur meinen Einkauf, sondern auch mich und die Pakete mit. So konnte mich Wolfgang mit unserem Dinghi relativ schnell wieder vom Strand zu Meerkat bringen. Die Einkäufe wurden verstaut, die Pakete ausgepackt. Das war ein bisschen wie an Weihnachten! Wir gönnten uns noch eine Nacht in dieser schönen Bucht, die leider wieder ab 3 Uhr morgens wegen des Schwells zu Ende war. So fiel uns der Aufbruch um 5 Uhr 30 nicht schwer.