Ägäis 2020

Unsere letzte Reise mit Meerkat

Kryonéri

Vielleicht fragen sich so einige unserer Leser, was eigentlich mit uns los ist. Keine neuen Berichte, Tracks bis August und dann nichts mehr….. Uns gibt es noch, doch es hat sich etwas geändert: Seit Ende August sind wir stolze Besitzer von Aquarius, einer Broadblue 385 aus dem Jahr 2006. Doch ich versuche die Geschichte von Anfang an zu erzählen:

Wir nutzten den Winter in Limni auch, um zu reflektieren, wie es uns mit unserer Lebensweise auf Meerkat geht und kamen nach vielen Gesprächsrunden zu dem Entschluss, einen etwas größeren Katamaran zu finden. Meerkat hatten wir ja mit der Perspektive gekauft, ein Sabbatjahr lang darauf zu leben. Inzwischen waren 3 Jahre vergangen. Wir stellten fest, dass wir gerne noch länger auf dem Boot leben würden, aber dass etwas mehr Platz haben wollten, z.B. für mein Digitalpiano. Außerdem sollte das Boot etwas besser für eine mögliche Langfahrt geeignet sein. Also studierten wir im Internet die Verkaufsportale für Gebrauchtboote. Dreimal machten wir uns auf die Reise quer durch Europa, um ein Traumschiff zu suchen, aber keines gefiel uns richtig. Teilweise war ein himmelschreiender Unterschied zwischen der Beschreibung in der Anzeige und dem tatsächlichen Zustand des Bootes. Mit Glück kehrten wir einen Tag vor dem griechischen Lockdown wegen des Coronavirus nach Limni zurück. Dort arbeiteten wir an Meerkat. Neben den üblichen jährlichen Wartungsarbeiten bauten wir eine neue Toilette ein und verbrachten viel Zeit damit, unsere schwergängige Ankerwinsch wieder fit zu bekommen. Es sind eigentlich nur vier Schrauben, die man lösen muss, um eine Ankerwinsch zu lösen. Die waren so festgerostet, dass wir mehrere Anläufe und viel WD 40 brauchten, bis sie frei waren. Leider saß die ganze Winsch immer noch so fest, dass sie sich nur mit vielen Tricks (Wärme und gefühlvolle, aber dennoch kräftige Hammerschläge) lösen ließ. Als wir es endlich geschafft hatten, stellten wir fest, dass der Getriebeblock trotz neuer Dichtungen ein Ölleck hatte. Nachdem die Bedingungen des Lockdown etwas gelockert waren, fuhren wir mit dem Getriebe im Rucksack nach Piräus. Dort wurde in es der Vertragswerkstatt von Lofrans gewartet. Der Motorblock, den wir vom ausgelaufenem so gut wie möglich gereinigt hatten, lief nach Einsetzen von neuen Kohlen im Probelauf gut, also bauten wir alles wieder zusammen.

Gleichzeitig ging natürlich die Suche nach unserem Traumschiff weiter. In Griechenland auf der Insel Lefkas wurde Aquarius angeboten. Zunächst konnten wir wegen des Lockdowns nicht dorthin reisen, aber über den Broker bekamen wir noch einige weitere Informationen. Unsere Neugierde war geweckt und sobald es möglich war, fuhren wir mit einem Leihwagen nach Lefkas, um das Boot zu sehen. Obwohl natürlich sich einige Fragen und Zweifel auftaten, hatten wir beide spontan das Gefühl, das könnte unser neues Zuhause werden. Nicht nur wegen der Coronaviruspandemie war es noch ein langer Weg, bis wir schließlich am 27. August den Kaufvertrag unterschrieben.

Wie auch die anderen vier Crews, die mit uns zusammen auf dem kleinen, familiären Boatyard in Sipiada bei Limni lebten, konnten wir es kaum erwarten, endlich wieder mit Meerkat ins Wasser zu dürfen.

 

Am 24. Juni 2020 war es endlich soweit: Meerkat wurde nach beendetem Lockdown wieder „ins Wasser geworfen“, wie die Griechen sagen! Schon ein paar Tage vorher waren wir mit Meerkat auf den Trailer gestellt worden, dann hatten wir noch die letzten Jobs am Boot zu erledigen: Antifouling auf die vorher von den Stützen verdeckten Stellen auftragen, im Boot umräumen, sodass die zum Segeln wichtigen Dinge wie Festmacherleinen wieder leicht greifbar bereit liegen und beim Segeln eher hinderliche Dinge wie mein Stage-Piano in den Tiefen meiner Aftcabin einen Platz fand. Unsere beide Gästekabinen, wir nennen sie wie die Engländer „aftcabins“, waren gefüllt mit unserem „Hausstand“, ich betreute die Steuerbordkabine und verwalte Werkzeug, Ersatzteile, Öle und alle möglichen und vielleicht auch unmöglichen Mittel zur Bootspflege und -wartung. In Wolfgangs Aftcabin befanden sich elektronische und elektrische Geräte und Ersatzteile. Als jeweils eine aftcabin ganz ausgeräumt war, nutzten wir die Gelegenheit, die Wassertanks zu reinigen und zu desinfizieren. Sie befinden sich jeweils unter den Liegeflächen der Aftcabins, und sind deshalb sonst nur mühsam zugänglich. Das Leitungswasser in Limni ist zwar sehr kalkhaltig, aber es ist gutes Trinkwasser. Damit füllten wir die beiden Tanks und noch einige kleine Kanister mit Wasser zum Kochen. Wir hatten also einige arbeitsreiche Tage hinter uns und freuten uns sehr, endlich wieder auf dem Wasser zu sein. Cháris, der Juniorchef des Boatyard, war am Vormittag zum Fischen gefahren, unser „zu Wasser lassen“ war deshalb für die Mittagszeit geplant. Drei Crews waren mit ihren Booten schon in den Tagen zuvor aufgebrochen. Auf dem Boatyard zurück blieben noch ABSea mit Crew und Stoere Akke, deren Skipper Ende Dezember abgereist war, um im März wiederzukommen. Leider konnte er wegen der Coronaviruspandemie nicht nach Griechenland zurückkehren und wir konnten unseren Freund Eelco nicht mehr vor unserer Abreise sehen. Aannsha und Barry von der SY ABSea waren noch da und filmten unseren Abschied.

Wir wurden über den Winter und der anschließenden Lockdownzeit richtig gute Freunde und bei aller Freude, endlich wieder in Meerkats und unserem Element zu sein, fiel uns der Abschied auch etwas schwer. Doch sobald Meerkat schwamm, breitete sich auf unseren Gesichtern ein breites glückliches Grinsen aus.

Limni - Lefkas
Limni – Lefkas
24. Juni – 2. Luli 2020

Wir hatten das Glück, dass wir direkt nachdem Slipvorgang günstigen Wind hatten, sodass wir das Großsegel hochziehen, die Genua ausrollen konnten und der Motor schweigen durfte. In recht flotter Fahrt rauschten wir durch das Wasser Richtung Chalkida. Es war ein wunderbarer Start in die Saison. Nach ungefähr 2 Stunden legte sich der Wind. Für das letzte Drittel der Wegstrecke musste der Motor helfen und nach weiteren zweieinhalb Stunden legten wir um 19:34 Uhr an unserem „Stammplatz“ an der Nordpier in Chalkída an. Jetzt galt es, möglichst schnell die Formalitäten für die Brückendurchfahrt zu erledigen, wir wollten gerne noch in der kommenden Nacht auf die Südseite der Brücke fahren. Dazu mussten wir uns vorher bei der Hafenpolizei anmelden und die Gebühr für die Unterquerung der Ziehbrücke bezahlen. Wir waren im letzten Jahr schon dreimal nachts durch die geöffnete Brücke gefahren. Jedesmal war die Anmeldung dazu anders geregelt, so wunderte ich mich nicht, dass auch dieses Mal wieder eine neue Variante zu erledigen war. Alles wurde von der Hafenpolizei erledigt, die Kasse war geschlossen. Dafür musste ich die Gebühr von 35,65€ passend abgezählt in bar bringen. Ich verband das Geldwechseln mit dem Trinken eines köstlichen Smoothies an einer Saftbar, um so an das passende Kleingeld zu kommen. Nachdem dieses wichtige Procedere erledigt war, ging ich noch schnell zu einem kleinen aber gut sortierten Supermarkt. Dort erstand ich reichlich frische Lebensmittel, sodass wir für die nächsten Tage gut versorgt waren.

Ab 21:30 Uhr waren wir per Funk auf Standby, um 23:10 Uhr würden wir aufgerufen, uns startklar zu machen. Nachdem ein Frachter die Engstelle passiert hatte, waren wir dran. Danach fuhren einige Segelboote in der Gegenrichtung durch. Alles klappte gut, das Anlegen auf der Südseite war wie immer etwas tricky. Es war dunkel, die Hafenmauer ist sehr hoch und es gibt nicht viele Poller zum Festmachen. Dieses Mal hatte ein Schleppkahn einen Platz in der Mitte der Pier belegt und vor sich und hinter sich noch eine knappe Meerkatlänge freigelassen. Genial! Im Zeitlupentempo und mit viel Gefühl bugsierten wir Meerkat dann in die hintere Lücke. Offenbar hatten wir während der vergangenen 8 Monate an Land nichts verlernt. Der Rest der Nacht war dann unspektakulär.

Am nächsten Morgen, dem 25. Juni 2020, starteten wir gegen 6:30 Uhr. Unser Ziel war Lavrio, ein Hafen an der Ostküste von Attika. Zunächst war es komplett windstill und das Wasser spiegelglatt, doch ab 8 Uhr kam es etwas Wind auf. Das Großsegel durfte schon etwas mithelfen. Zwischen 13 und 16:30 Uhr hatten wir genügend Wind, um zu ohne Motorhilfe voran zu kommen. Es war ein genussvolles Segeln, nur der Wind und das Rauschen des Kielwassers waren zu spüren und zu hören. Nach etwa 12 Stunden legten wir in Lavrio an dem Steg einer Charterfirma an, mussten aber versprechen, am nächsten Morgen wieder vor 9 Uhr weg zu sein, weil dann der Liegeplatz gebraucht wurde. Das war für uns kein Problem, wir planten sowieso wieder einen langen Schlag nach Nea Epídauros quer durch den saronischen Golf.

Um 8 Uhr verließen wir den Hafen von Lávrio. Sobald wir die Hafenausfahrt passiert hatten, konnten wir die Segel setzten und hatten einen wunderschönen Törn mit reichlich Wind. Schon 8 Stunden später erreichten wir den Hafen von Nea Epídauros, wo wir erschöpft und glücklich festmachten. Hier gefiel es uns gut und die Windvorhersage für den nächsten Tag war nicht so gut. Wir legten einen Hafentag ein und erkundeten den kleinen Hafenort. Es gab keine weiteren Touristen, die Grenzen  Griechenlands waren noch geschlossen. Alles wirkte noch etwas verschlafen zu einer Zeit, wo normalerweise Hochsaison ist. Auf einem der Nachbarboote wohnte ein Österreicher, der in Griechenland lebt. Mit ihm tauschten wir einige Informationen aus, unter anderem meinte er, man könnte hier auch gut und sicher im Hafen überwintern. Strom und Wasser sind vorhanden.

Fischfang beim Aufwasch
Überraschung beim Geschirrspülen

Beim Geschirr spülen am Heckspiegel erlebte Wolfgang eine kleine Überraschung: kleine Fische waren so todesmutig, dass sie ihm auf die Teller hüpften. Wir wären noch länger geblieben, aber die Vorhersage für den Wind mahnte uns, am 28. Juni weiter zu ziehen.

Jetzt stand wieder die Passage durch den Kanal von Korinth an. Dieses Mal war die Besonderheit, dass die erste hydraulisch versenkbare Brücke für uns schon abgesenkt war, als wir an der Einfahrt in den Kanal ankamen. Trotzdem mussten wir vorher anlegen und die Passage bezahlen. Nach dem Anlegen ging ich direkt zur Kasse, dort lief alles für griechische Verhältnisse extrem schnell und ich wurde mit der Anweisung wieder zu Meerkat geschickt sofort abzulegen. Keine 10 Minuten lang lagen wir am Steg.

Kanal von Korinth
Im Kanal von Korinth

Die Durchfahrt durch den Kanal von Korinth war wieder sehr beeindruckend. Wir sahen einen Bungee-Springer von einer Brücke springen bevor wir unter ihr hindurch fuhren. Ich musste auch an die vielen Sklaven denken, die damals den Kanal gegraben hatten. Davor wurden die Schiffe über eine Art Schienen über das Land gezogen. Beides war eine wirkliche Knochenarbeit, die bestimmt auch so manchem das Leben kostete.

Nach der Ausfahrt vom Kanal von Korinth herrschten komplett andere Wetterverhältnisse: während wir vorher mit zum Glück wenig Wind fast von vorn unterwegs waren, hatten wir jetzt kräftigen Wind (24 kn) von der Seite und wir rauschten mit gerefftem Vorsegel durch das Wasser. Es war eine wahre Freude. Dann kurz vor dem Ziel war mit einem Schlag der Wind weg. 10 Minuten lang musste der Motor uns bewegen, dann blies der Wind wieder kräftig. Wir kamen gründlich durchgepustet in dem Hafen von Kiato an, wo wir im Außenhafen anlegen mussten. Wir lagen etwas ungemütlich, das Wasser war unruhig und es gab eigentlich nur mäßig gut geeignete Poller für kleine Boote, sodass wir Meerkat nicht so ausgewogen wie sonst vertäuen konnten. Etwas später kam noch ein Segelboot an, wir halfen dem Einhandsegler Franz beim Anlegen Er hatte das selbe Windphänomen erlebt wie wir. Die Pier füllte sich gegen Abend von der Landseite aus: einerseits waren viele Angler da und andererseits verbrachten mehrere Roma- oder Sintifamilien mit ihren Autos die Nacht hier auf der Pier. Die Anlegepoller sind dort so groß, dass sie den Familien als Esstisch dienten. Es war während der ganzen Nacht laut, auch die Kinder spielten bis zum Morgengrauen. Wir standen mit dem ersten Dämmerlicht auf, um den unwirtlichen Hafen zu verlassen. Franz hatte dieselbe Idee. Wir legten nacheinander ab und erholten uns unterwegs von der wenig erholsamen Nacht.

Unser Tagesziel war Aigio. Dort gibt es eine kleine günstige Werft, die wir uns anschauen wollten, um herauszufinden,  ob wir Meerkat dort später an Land stellen könnten. Telefonisch war die Verständigung schwierig, mein Griechisch und deren Englisch waren jeweils nicht ausreichend. Deshalb wollten wir einfach vorbeikommen. Den ganzen Tag über lief der Motor, kein Segelwind war zu spüren. Leider war in dem kleinen Hafen von Aigio kein Platz für uns. Vor dem Hafen fand unser Anker im steinigen Untergrund keinen Halt, sodass wir uns nach mehreren vergeblichen Versuchen entschieden, nach Trizónia, einer kleinen Insel im Golf von Korinth, zu fahren. Wir kannten Trizónia schon von früher. In Trizónia fanden wir einen guten Platz und stellten erfreut fest, dass Franz auch hier angelegt hatte. Wir verabredeten uns zum gemeinsamen Abendessen. Er ist mit seiner Calisto in Lefkas zu Hause und konnte uns viele Tipps und Kontakte vermitteln.  Es entwickelte sich ein angenehmes freundschaftliches Verhältnis zwischen uns. Wir blieben noch eine zweite Nacht in Trizonia, bevor wir dann am 1. Juli nach Mesolóngi aufbrachen.

Die Brücke zwischen Rio und Antirio lag wieder auf unsere Strecke, fast schon routiniert wickelte ich den Funkverkehr ab. Wir mussten uns anmelden und dann nochmal kurz vor der Durchfahrt melden, wir sollten zwischen dem ersten und dem zweiten Brückenpfeiler durchfahren: „One in the north and three to the south“. Es gibt relativ viel Fährverkehr parallel zur Brücke, das Brückenkontrollzentrum hat alles im Blick wie wir im Funkverkehr mithören konnten. Mit wenig Wind und viel Motor war die Fahrt unspektakulär. Der lange ausgebaggerte Kanal bis zur Bucht von Mesolóngi war für uns schon fast Routine. Unsere Vorräte an frischem Obst und Gemüse waren fast aufgebraucht,  deshalb entschieden wir uns,  in Mesolóngi zunächst an der Stadpier anzulegen, um einzukaufen. Wir waren ja im vergangenen Jahr schon einmal dort und wussten, dass wir uns dort gut versorgen konnten. Ich beeilte mich mit den Besorgungen, da wir über Nacht vor dem Hafen Ankern wollten.  Als ich zurück kam, sah es aus, als ob Meerkat auf einer Wiese stehen würde. Sehr viel Seegras war angeschwemmt worden in der Zwischenzeit. Das Ablegen war erschwert: der Propeller des Driveleg konnte sich nicht drehen, weil sich sehr viel Seegras um ihn gewickelt hatte. Es ist bei Meerkat wirklich praktisch, dass das Driveleg hydraulisch aus dem Wasser gehoben werden kann. So war die Propellerreinigung ein Kinderspiel. Als wir dann in der Bucht von Mesolóngi vor Anker lagen, reinigten wir sofort den Seewasserfilter für die Motorkühlung.  Die Wasserpumpe hatte sehr viel von dem Gras angesaugt. Der Filter war komplett damit gefüllt. Am Himmel tauchte auf einmal eine Drohne auf, später erfuhren wir, dass unser Freund Franz in der Marina angelegt hatte und Meerkat mit seiner Drohne von oben aufnahm.

Meerkat in Mesolóngi
Meerkat in der Bucht von Mesolóngi

Auch am nächsten Morgen brachen wir wieder früh auf, wir planten etwa 11 Stunden für die Strecke nach Lefkas. Das ionische Meer ist eine für Griechenland relativ windarme Gegend. Wir mussten wegen Flaute die ganze Strecke unter Motor fahren. Uns begegneten nur sehr wenige Segelboote, die Einreise nach Griechenland war ja erst sei einem Tag möglich. Wir erlebten ein landschaftlich wunderschönes Revier mit sehr mildem Klima. Ich konnte gut verstehen, dass die Region eine sehr beliebtes Reiseziel ist.

Beeindruckt von der Schönheit der Gegend und genervt von dem dauernden Motorgeräusch erreichten wir nach guten elf Stunden die Bucht von Vlýcho auf Léfkas, wo wir ganz entspannt ankerten. Normalerweise ist diese Bucht im Sommer so voll, dass es schwierig ist, einen Ankerplatz zu finden. Man sagt, dass man trockenen Fußes von einem Ufer der Bucht zum gegenüberliegenden gehen kann. Wir ankerten in der Nähe von Aquarius, die auf einem kleinen Boatyard in dieser Bucht stand.

Bucht von Vlýcho
Bucht von Vlýcho (fast leer)

Am nächsten Morgen wollte der Außenborder unseres Dinghis nicht anspringen. Also war Rudern angesagt. Am diesem Tag konnten wir in aller Ruhe Aquarius inspizieren. Später ruderten wir wieder zurück zu Meerkat und versuchten, dem Außenborder ein Lebenszeichen zu entlocken. Doch zunächst blieben alle unsere Reanimationsversuche erfolglos. Von Wolfgangs Bruder gab es viele gute Tipps. Einmal mussten wir noch an Land rudern. Bei einer nahegelegenen Tankstelle kauften wir ein Starterspray, damit zündete er kurz. Mehr ging nicht. Schließlich fanden wir die Lösung: Wir hatten den Motor im vergangenen Herbst winterfest gemacht und dafür das Benzin-Ölgemisch abgelassen. Dieses Gemisch hatten wir in eine PET Flasche gefüllt. Der 5l Benzinkanister war leer, wir wollten ihn im Frühjahr mit frischem Benzin füllen, das war der Plan. Aber zwischendurch brauchten wir den Kanister für Diesel, natürlich ohne ihn entsprechend zu berschriften. Der Fehler war vorprogrammiert: Statt Benzingemisch füllten wir Diesel-Ölgemisch in den Tank. Nach Reinigung des Vergasers und Auffüllen mit dem richtigen Kraftstoff lief der Motor dann auch wieder. Das war gut, dann konnten wir auch etwas weiter vom Ufer entfernt ankern. Wir blieben in der Nähe von Aquarius, erkundeten unter anderem auch die in der Nähe liegende wunderschöne Insel Meganisi, wo wir am Steg der Strandtaverne Karnagio anlegen konnten.

Karnagio auf Meganisi
Karnagio auf Meganisi

 

Wäschewaschen auf Meerkat
Waschtag auf Meerkat

Normalerweise liegt man hier kostenlos, wenn man in dem Restaurant isst. In diesem Jahr aber hatte nur die Bar auf und wir bezahlten für Meerkat 10 € pro Nacht inkl. Wasser und Strom. In Nýdri auf Lefkas bekamen wir einen Platz am Skorpiosponton, auch hier war es sehr gut und günstig. Allerdings nahm die Zahl der Segelboote von Tag zu Tag zu und der Skorpiosponton war fast immer voll belegt. Eines Tages entdeckten wir „Magnificat“, eine Broadblue 385 vor Anker, also genau so ein Katamaran wie Aquarius. Wir ankerten in der Nähe und kamen nach einiger Zeit auch in einen sehr netten Kontakt mit den britischen Eignern. Sie hatten Magnificat vor zwei Jahren in der Türkei gekauft, um darauf zu leben und sind sehr zufrieden. Sie bestärkten uns in der Idee, dass Aquarius zu uns passen könnte.

Durch Zufall kamen wir am Scorpiosponton ins Gespräch mit einem deutschen Segler, dessen Vereinskollegen auf der Suche nach einem Katamaran waren, um darauf ihre Zeit als Rentner zu starten. Ihr Traumboot sollte ein Gemini 105mc sein, genau das Modell von Meerkat! So kam es zum Kontakt zu der Elke und Helmut, die später auch Meerkat kauften. Wir suchten nach einer geeigneten Werft, wo wir Meerkat und später vielleicht auch Aquarius aus dem Wasser nehmen konnten. In Aegina würden wir fündig. Da die Verhandlungen mit dem Verkäufer von Aquarius sehr zäh waren und unsere Preisvorstellungen weit auseinander lagen, verließen wir traurig, weil ohne eine Entscheidung über Aquarius getroffen zu haben, aber auch entspannt, dass sich wohl keine lange Verkaufsphase von Meerkat anschließen würde,  wieder das Ionische Meer und begaben wir uns mit Meerkat auf den Weg nach Aegina.

Lefkas - Aegina
Lefkas – Aegina
22 Juli – 28. Juli

Wie fast schon normal für das windarme Ionische Meer motorten wir den ganzen ersten Tag dieses Abschnittes. Es kam mir vor wie eine wunderbare Entschädigung für diesen Tag ohne segeln mit trauriger Stimmung, dass wir den wunderschönen kleinen Ort Kryonéri entdeckten und dort am Fuße dieser massiven Berge anlegten. Auch hier war die Anfahrt nicht ganz einfach, da das Meer hier nur wenige Meter tief ist. Der Kanal zu diesem Hafenort ist im Handbuch beschrieben aber nicht betonnt. Der kleine Hafen hat Platz für zwei Segelboote und ein paar Fischerboote. Außerdem ist der Ort wohl eine beliebte Basis für Klettertouren. Wir riefen bei einer Tankstelle an und bestellten Diesel, das wir dann noch gegen 21:30 Uhr  geliefert bekamen. Als wir am nächsten Morgen den Motor starteten, ging dieser sofort wieder aus. Im Schauglas unter dem Dieselfilter sahen wir dunkle Schlieren, ich nenne diese „Gubbel“. Wir wechselten den Filter, stellten den Dieselverbrauch auf den anderen Tank um und hofften, dass wir uns mit diesem letzten Tanken nicht noch mit Bakterien verseuchtes Diesel eingefangen hatten. Der Motor lief zum Glück zuverlässig, es tauchten keine weiteren Probleme auf.

Kryonéri
Kryonéri

Von Kryonéri aus segelten wir nach Trizonia. Nur für die Durchfahrt unter der berühmten Brücke zwischen Antírio und Rio, die das Festland mit der Peloponnes verbindet, für eine kurze Flautenphase zwischendurch und zum Anlegen in Trizonia nutzten wir den Motor.

Brücke Rio-Antírio
Brücke Rio-Antírio

Am nächsten Morgen ging es weiter nach Galaxídi, einem unter Seglern beliebten Hafen auf der Festlandseite des Golfes von Korinth. Wir motorsegelten wieder die ganze Strecke um dann im Hafen keinen Platz zu finden. Doch etwas nördlich davon ankerten wir in der Bucht Ormos Glýpha in Sichtweite von 2 Megayachten, die auch ihre Anker geworfen hatten. Von hier aus ging es nach einer kurzen Nacht weiter, um ein drittes und letztes Mal mit Meerkat durch den Kanal von Korinth zu fahren. Die Fahrt bis zur Einfahrt des Kanals war geprägt  vom berühmten Motor an – Motor aus Spiel.  Unsere Ankunft an der westlichen Einfahrt des Kanals war perfekt: ein Motorboot fuhr gerade aus dem Kanal, danach konnten wir direkt hineinfahren. Die Besatzung eines dort ansässigen Schleppkahns forderte uns auf, doch schneller zu fahren, aber Meerkat mit ihrem 27 PS Motor kann einfach nicht schneller. Nach dem üblichen Kurzhalt an der Ausfahrt auf der Ostseite des Kanals zum Bezahlen der Passage ankerten in der Bucht bei Isthmía. Von dort aus waren es noch etwa 4 Stunden zu segeln bis nach Aegina. Wir meldeten uns telefonisch bei der Werft auf Aegina und verabredeten den Liftvorgang für 16 Uhr. Wir hatten Spaß daran, auch wirklich exakt um Punkt 16 Uhr im Lift zu sein. Meerkat wurde mit einem Travellerlift an Land gestellt. Wir machten einige Pflege- und Wartungsarbeiten und ließen beide Dieseltanks ausbauen und professionell reinigen. Ich nähte noch neue Sitzbezüge für den Salon. Wir sandten Bilder und ein Video zu Elke und Helmut, den Kaufinteressenten von Meerkat. Es gab noch ein paar Telefonate und Emails hin und her, das gegenseitige Vertrauen war da und der Verkauf von Meerkat mit einer Anzahlung besiegelt. Zum Glück fanden wir auch parallel eine Einigung mit dem Verkäufer von Aquarius, sodass wir wohl nicht am Ende ohne Boot bleiben sollten. Wir hatten einen Termin für ein Probesegeln auf Aquarius und machten uns mit dem Überlandbus von Athen aus auf den Weg nach Lefkas. Es wurde dann doch nochmal spannend, aber am 27. August 2020 unterzeichneten wir den Kaufvertrag und wir sind jetzt stolze Besitzer von Aquarius.

Über unser Leben auf Aquarius berichten wir auf einer neuen Webseite, die wir hier verlinken werden, sobald sie aktiv ist.