Ägäis 2018

Sommerregen auf Samos

Vathi
Lipsi-Pythagorio
Lipsi-Pythagorio
26.6.2018

Als wir am 26. Juni 18 kurz vor acht Uhr von unserer Mooring in Lipsi ablegten,  stimmte zumindest die vorhergesagte Windrichtung aus Süd. Allerdings wehte nur ein laues Lüftchen von 4 Knoten. Später frischte der Wind auf, aber dann kam er leider von Norden, also von vorn. Deshalb waren wir fast 7 Stunden ausschließlich unter Motor unterwegs. Das machte uns beiden keinen Spaß,  wir mussten uns immer wieder gegenseitig aufmuntern.

Meerkat in der Samos-Marina
Meerkat in der Samos-Marina in Pythagorio

Die Sorge, in der Samos-Marina in Pythagorio keinen Platz zu bekommen, war völlig unberechtigt. Es gab noch viele freie Liegeplätze. Die Marina ist relativ neu und wird erst seit kurzem bewirtschaftet. Nachdem wir Meerkat festgemacht und uns etwas ausgeruht hatten, gingen wir einen Fußweg am Wasser entlang in das nette Städtchen Pythagorio, in dem Pythagoras gelebt und gelehrt haben soll. Es ist sehr verwinkelt gebaut, eine Taktik, um sich vor Piraten zu schützen. Im Hafen wurde uns die Nähe der Türkei sehr bewusst. Es gab sehr viele Werbeschilder auf türkisch. Ausflugsschiffe aus der Türkei legten im Hafen an und auch von Pythagorio aus fuhren Touristenboote in die Türkei. Wir schlenderten ein wenig durch die Straßen und ließen die Atmosphäre wirken: nach den ruhigen Tagen auf Lipsi war uns hier fast zu viel los. Wir aßen auf der Terrasse einer netten Taverne. Plötzlich wurden wir von einem heftigen Regenschauer überrascht.  Der Wirt war offensichtlich genauso überrascht wie wir und nicht darauf vorbereitet. Es sagte, dass es hier im Sommer normalerweise überhaupt nicht regnet. Wir konnten dann doch an einen Tisch wechseln, der durch einen Balkon teilweise „überdacht“ war, und etwas trockener weiteressen. Als wir wieder in die Marina zurückkamen, hatte gerade ein Boot neben uns festgemacht. Die Crew war fast die gleiche Strecke wie wir gesegelt, nur einige Stunden später. Sie berichteten, sie wären in ein schreckliches Unwetter gekommen. Dagegen war unsere Fahrt eine Spazierfahrt gewesen.

Pythagorio-Vathy
Pythagorio-Vathy
27.6.2018

Da wir auf dem Weg nach Norden die Pausen des Meltemi nutzen mussten, brachen wir schon am nächsten Morgen in Pythagorio auf. Wir fuhren gegen den Uhrzeigersinn um die Insel bis nach Vathy (Samos), dem Hauptort der Insel. Diese Strecke verlief durch die Straße von Mycale, einem engen Kanal zwischen Samos und der Türkei.

türkischer Leuchtturm
Türkischer Leuchtturm in der Straße von Mycale
gegenüber des türkischen Leuchtturms

An der engsten Stelle steht auf der türkischen Seite auf der kleinen Insel Bayrak ein Leuchtturm,  der mich an eine Moschee erinnerte. Direkt gegenüber auf  Samos steht ein Gebäude, das mir beim ersten Hinsehen wie eine orthodoxe Kirche vorkam. Für mich sah es wie das Aufeinandertreffen zweier Kulturen aus. Da wir auf die Bekanntschaft mit der türkischen Küstenwache gerne verzichten wollten, achteten wir sehr genau darauf, immer mit beiden Rümpfen deutlich in griechischen Gewässern zu sein.

Nachdem die engste Stelle passiert war, fing es plötzlich heftig an zu regnen.

die nasse Renate
Die nasse Renate

Der Wind aus Süd frischte auf, einerseits war das gut – wir konnten endlich den Motor ausstellen – anderseits blies er uns den Regen von hinten ins Cockpit, sodass ich tropfnass wurde.

Auch die Schuhe wurden nass.

Es war nicht besonders warm, etwa 25°C.  Da brauchte ich tatsächlich eine Jacke. Etwa eine halbe Stunde später mussten wir doch wieder den Motor zu Hilfe nehmen, denn Wind und Regen hatten nachgelassen. Sogar die Sonne schien wieder. An der Nordküste von Samos vor der Einfahrt in die Bucht von Vathy, gibt es einige kleine vorgelagerte Inseln, die ständig wechselnde Windrichtungen und Windstärken verursachten.  Gleichzeitig mussten wir sehr genau auf Wassertiefe achten, denn das Fahrwasser zwischen den Inseln war eng und flach. Nicht immer stimmen die Seekarten so exakt. Sie beruhen teilweise auf Messungen aus dem vorletzten (!) Jahrhundert.

Erstaunlicherweise waren neben zwei Booten der deutschen Küstenwache nur sehr wenig Boote in der Bucht von Vathy, möglicherweise eine Folge der Flüchtlingskrise. Das Anlegen an der Stadtpier von Vathy bzw. Samos war eine Kunst für sich. Es gibt dort Mooringleinen, die aber wohl für sehr lange Boote gedacht sein müssen.

Meerkat in Samos „am“ Stadtkai.

Wir verspannten Meerkat so, dass zwischen der Pier und Meerkat eine gute Bootslänge Platz war. So konnten wir jeweils eine Mooringleine pro Rumpf aufnehmen. Wenn wir an Land kommen wollten, stiegen wir in das Dinghi und zogen uns an den Leinen entlang ans Ufer. Im Prinzip war das nicht schlecht. So war es auch für Fremde nicht leicht, ungebeten an Bord zu kommen. In Vathy ist ein großes Lager für Flüchtlinge, die mit Booten aus der Türkei gekommen waren. Am Kai und später auch am Ufer in der Nähe unseres Ankerplatzes beobachteten wir Gruppen von vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Zum Teil wirkten sie gelangweilt und hängten ab, zum Teil angelten sie. Die Stimmung, die sie ausstrahlten,  empfand ich im Gegensatz zu Leros bedrückt.

Am späten Nachmittag gingen wir von Bord in das Restaurant direkt gegenüber von unserem Liegeplatz.  Wir hatten Meerkat gut im Blick, so sahen wir, dass Meerkat auf einmal schief im Wasser lag.

gebrochene Mooringleine

Zurück an Bord stellten wir fest, dass eine der beiden Mooringleinen gebrochen war. Zum Glück hielt die zweite noch. Wir zogen noch eine weitere Mooringleine heran, die in Reichweite war. An dieser machten wir Meerkat anstelle der gerissenen fest.

Zwei Beamte der griechischen Küstenwache kamen vorbei und forderten uns auf, mit den Schiffspapieren in ihr Büro zu kommen. Es ist normal, wenn man in einem Hafen anlegt, dass die Papiere kontrolliert werden. Meistens kostet es zwischen 4 und 6 Euro pro Nacht. Hier wurden nur die Papiere gründlich geprüft und kopiert. Bezahlen mussten wir nichts. Wir sollten nur uns per Funk abmelden, wenn wir wieder aus der Bucht fahren.

Die Nacht war unruhig, es hatte sich ein unangenehmer Schwell entwickelt. Etwas gerädert standen wir früh auf und stellten fest, dass jetzt die andere Mooringleine gebrochen war. Wieder wurde Meerkat von nur einer Moorinleine gehalten. Jetzt hatten wir genug und verlegten uns in die südwestliche Ecke der Bucht. Dort ankerten wir auf etwas mehr als 11 m Wassertiefe. Aufgrund der Wassertiefe durfte unser Tamagotchi (Ankerboje) mal wieder ins Wasser, um bei festsitzendem Anker eine Trippleine zum Bergen des Ankers zu haben, denn Tauchen über 10 m Tiefe ohne Hilfsmittel schaffen wir nicht. Hier blieben wir, bis wir wieder guten Wind hatten, um weiter nach Norden zu segeln.

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