Bevor wir uns so richtig in die Ägäis hinaus bewegen konnten, mussten wir noch unsere leere Gasflasche füllen lassen. Das sollte auf Kalymnos möglich sein. Die Wetterprognose sagte bei bedecktem Himmel 13 kn Wind aus Westsüdwest (WSW) vorher, in Böen auch 19 kn. Die Ostküste von Leros kannten wir noch nicht, der anhaltende Westwind versprach eine unangenehme Welle auf der Westseite von Leros. Also entschieden wir uns für die Ostroute. Der Wind kam in Wirklichkeit ziemlich genau von hinten (Nordwesten), wir entschieden uns, nur unser Vorsegel einzusetzen. Endlich wieder segeln! Und die Steuerung ging so leicht! Wir waren fast schon berauscht von so viel Glück. Die Bucht von Alinda bietet guten Schutz vor Westwind und hat guten Ankergrund. So blieben wir für eine Nacht dort. In den vergangenen Tagen hatten wir unsere Trinkwasservorräte und die frischen Lebensmittel deutlich reduziert. Ein kleiner Supermarkt in Alinda war deshalb ein wichtiges Ziel. Abends trafen wir nochmal mit unseren Freunden aus Lakki in einer Taverne. Ein vergnügter Abend schloss diesen ersten Segeltag ab.
Am nächsten Tag waren 9 bis 12 Knoten Wind, in Böen 18 bis 20 kn, wieder aus WSW vorausgesagt. Diesmal frischte der Wind kräftig auf und brachte uns noch mehr Segelvergnügen. Durch den Landschutz der Inseln Leros und Kalymnos hatten wir kaum Welle.
Meerkat lief wie geschmiert. Einige Zeit war ein anderer kleiner Katamaran in unserer Sichtweise. Aus der Ferne hätte es auch ein Gemini sein können, später erkannten wir das Boot. Es war ein Kat, der auch in Leros den Winter über an Land gestanden hatte. Es sah so aus, als ob dieser Kat ein Ziel in der Türkei ansteuerte, jedenfalls trennten sich unsere Routen wieder. Als wir das Südostkap von Kalymnos rundeten, bekamen wir den stärkeren Wind, der uns bis dahin so schönes Spaßsegeln bereitet hatte, platt von vorne. Unser Motor musste alles geben, damit wir einigermaßen voran kamen. Die Welle kam auch von vorn. So wurden die letzten 2,5 Seemeilen bis zum Stadthafen von Kalymnos zur Tortour. In meinem Tagebuch steht der Satz: “ Keiner von uns wurde seekrank“. Letztendlich kamen wir im Stadthafen an und wurden von einer Stadt empfangen, in der sich viele Leute sehr geschäftig die kommende Saison vorbereiteten. Mit dem griechisch-orthodoxen Osterfest am 28. April geht es los. Dem Hafenmeister vertrauten wir unsere Gasflasche an, die er am nächsten Morgen aufgefüllt wieder zurückbrachte. Die volle Gasflasche wog 7,6kg, später sollten wir feststellen, dass die leere Flasche 6 kg wiegt. Eigentlich fassen unsere Gasflaschen 3,9kg. Wir bezahlten also für 1,6 kg Gas 14€ plus 14€ Liegegebühr im Hafen plus 3 die Dieselkosten. Zum Glück hatten wir teilweise richtig guten Segelspaß auf dem Weg. Es war also nicht alles gegen uns.
Direkt gegenüber unserem Liegeplatz war die Taverne Stoukas. Dort bekamen wir ein leckeres Abendessen, Kabeljau und Oktopussalat (s.a. Beitragsbild oben). In der Fastenzeit gab es hier nur Fisch, aber kein Fleisch. Sie nahmen auch unsere schmutzige Wäsche an, die ich dann am nächsten Abend sauber und trocken wieder abholen konnte. So ergaben sich für mich einige Möglichkeiten, griechisch zu reden. Vor allem die Mama und Köchin im Stoukas hatte Spaß daran, mit mir zu plaudern. Zum Schluss wurde ich mit vielen Küsschen und Umarmungen verabschiedet. Im Hafen hatte es erstaunlich viel Schwell, wir setzten unsere Leinen mit Edelstahlfedern als Ruckdämpfer ein und gaben Meerkat die Nächte hindurch viel Bewegungsfreiheit, damit die Schwingungen durch den Schwell nicht so abrupt ausgebremst wurden. So wurden wir ordentlich in den Schlaf geschaukelt und konnten gut schlafen.
Nach der zweiten Nacht in Kalymnos brachen wir morgens wieder auf nach Lakki auf Leros, um die inzwischen angekommene Post abzuholen. Der Wind war anfangs günstig, etwas schwächer als vorhergesagt und aus Ost und Südost. Allerdings schlief er nach ungefähr 2/3 der Strecke komplett ein, sodass wir unter Motor die restliche Strecke zurücklegen mussten.
Die Bucht von Lakki begrüßte uns, wie schon gewohnt, mit dem unbeleuchteten „Gullideckel“ mitten im Wasser, sehr zur Freude des nächtlichen Schiffsverkehrs. Schließlich mussten wir vor 14:45 Uhr bei der Post in Lakki gewesen sein, um einen Brief abzuholen. Ungefähr um 14:30 Uhr waren wir dort, um zu erfahren, dass unser Brief genau am 12. April morgens in der Marina abgegeben worden war, nachdem er drei Tage auf der Post lagerte. Wir gönnten uns noch ein Mittagessen bei „Bakaliko me Tsipouro“, einem kleinen Bistro, das gleichzeitig auch ein Tante-Emma-Laden ist. Inzwischen war es sehr windig geworden. Wolfgang fuhr mit dem Dinghi zu Meerkat und ich ging noch ins Office der Marina, um den Brief abzuholen. Als er mich mit dem Dinghi abholte, war das Wasser inzwischen so unruhig, dass ich klatschnass an Bord ankam. Nichtsdestotrotz mussten wir noch einmal ins Dinghi, um unsere Trinkwasservorräte zu füllen. In Lakki gibt es öffentliche Wasserautomaten, wo man kostenlos sehr gutes Trinkwasser holen kann. Solche Automaten gibt es vielerorts, im Sommer sind sie oft leer. Wir nahmen also unsere ganzen leeren Wasserflaschen mit und füllten sie auf. Solange es diese Quellen gibt, rühren wir unser Notwasser in Plastikflasche nicht an. Wieder zurück auf Meerkat waren wir gerüstet, unseren Törn Richtung Kykladen zu beginnen. Jetzt musste nur noch das Wetter stimmen.