Für den 5. Mai 2019 waren stürmischer Wind aus Süden vorausgesagt. Wir suchten in unseren einschlägigen Führern („Heikell: Greek Waters Pilot“, Ilias: „Greece, Sea Guide“) nach einem geschützten Ort. Unser Ziel war es, weiter nach Norden nach Andros zu segeln. Wir entschieden uns für Batsi auf der Insel Andros, das nach übereinstimmenden Angaben ein Ort mit sicherem Hafen bei allen Winden ist. Wie so oft hatten wir auch auf der Strecke zwischen Tinos und Batsi nur wenig Wind. Gerade mal 16 min lang segelten wir ohne Motorhilfe. Insgesamt waren wir 5,5 h unterwegs. Als wir in Batsi ankamen, lagen schon zwei Segelboote an der Westmole. Wir wurden von einem Helfer zwischen sie dirigiert.

Vom Hafen aus hatte man einen herrlichen Blick auf ein idyllisches Kykladenstädtchen. Wir kamen schon bald darauf mit unseren Bootsnachbarn ins Gespräch. Vor uns lag ein britisches und hinter uns ein deutsches Boot. Der Brite sagte zu mir „tomorrow we will have some spray, but it won’t be too bad“ und der Deutsche:“ Morgen werden wir für ein bis zwei Stunden stärkeren Wind haben, aber wir liegen hier sicher.“ Er war nicht zum ersten Mal hier und kannte den Hafen. Wir schätzten die Situation ähnlich ein. Die Nacht war ruhig aber schon am Vormittag hatten wir „some spray“.

Durch eine herausgebrochene Lücke in der südlichen Molenwand kam zunehmend Wasser über die Pier und ergoss sich ins Hafenbecken. Wind und Seegang verstärkte sich im Laufe des Tages.

Unser Anemometer zeigte Windgeschwindigkeiten von über 34 Knoten (8 Bft.) an. Es kam jetzt nicht nur Wasser durch die Lücke in der Südmolenwand, sondern auch über die Pier der Westmole, an der wir lagen.

Da Meerkat ein kleines Boot mit niedrigem Freibord ist und unter dem Niveau der Pier liegt, ergossen sich richtige Sturzbäche in das Cockpit von Meerkat. Durch den hohen Seegang auch im Hafenbecken wurde heftig auf- und ab bewegt.

Unsere Stahlfedern (Ruckdämpfer) arbeiteten heftig. Zum Schutz gegen das Durchscheuern der Leinen hatte ich ein Hosenbein meiner alten Jeans zerschnitten und an zwei Leinen gebunden, die anderen Leinen waren durch Schlauchstücke gegen Schamfilen (Durchscheuern) gesichert. Der Wind nahm weiter zu. Wir hatten bis zu 39,9, kn gesehen, der Brite vor uns sagte, es seien 50 kn (10 Bft.) gewesen. Wir hatten jetzt besseres zu tun, als das Drama mit der Kamera festzuhalten.

Meerkat wurde durch den Seegang so bewegt, dass die Achterspring brach. Die Achterspring war bei diesen Windverhältnissen die Leine, die dem größten Zug ausgesetzt war. Meerkat war durch fünf Festmacherleinen gesichert, sodass dies keine Katastrophe war, zumal wir rasch die gebrochene Achterspring durch eine andere Leine ersetzen konnten. Wir mussten dabei nur Acht geben, nicht ins Wasser gespült zu werden. Wir hatten fast alle unsere Fender ausgebracht, die natürlich viel aushalten mussten. Entweder sie arbeiteten sich an der Pierwand hoch oder sie verkeilten sich unter einer quer verlaufenden Gummileiste, die an der Wand der Pier befestigt war. Ich stand im Schwerwetteranzug auf Meerkat und korrigierte immer wieder die Fender, aber als eine besonders heftige Welle überkam, knallte es und die untere Steuerbordrelingleine war gerissen. Zwei Fender schwammen im Wasser, einen davon konnten wir retten, der andere wurde sofort weggespült. Es konnte schlimmeres verhindert werden.

Schadenbilanz:
1 gebrochene Relingleine
1 verlorener Fender
eine fortgespülte Fußmatte
1 gebrochene Springleine
1 verlorene Heckduschenabdeckung
1 Kurzschluss im Stecker der Landstromleitung , die ins Wasser gespült wurde
einige angescheuerte Leinen
4 Sätze durchnässter Wäsche
eine etwas gestresste Crew
und vielleicht einiges, was wir noch nicht entdeckt haben.

In dem schweren Sturm kamen zwei Charterboote in den Hafen, beide hatten kaputte, flatternde Großsegel. Sie hatten große Mühe, unter diesen Bedingungen anzulegen. Nach gefühlt über einer Stunde Kampf mit den Elementen, Touchieren der Pier mit dem Bug und tatkräftiger Unterstützung von Land gelang es schließlich längsseits an die Pier anzulegen. Beim Boot unserer deutschen Nachbarn war eine Klampe abgerissen, zum Glück ohne Loch im Boot. Gegen Abend flaute der Wind ab. Die nasse Kleidung hing in der Plicht, wir saßen im trockenen und waren froh, dass es eigentlich doch noch glimpflich ausgegangen ist. Heißer Tee und etwas Warmes zu Essen waren eine Wohltat. Am nächsten Morgen verlegten wir Meerkat von der Westmole weg weiter nach innen, wo die See nicht so übergekommen war. Unsere deutschen Nachbarn verlegten ihr Boot auch. Wir kamen gut ins Gespräch, verarbeiteten den Sturm nochmals bei einem gemeinsamen Abendessen und tauschten unsere Kontaktdaten aus. Wir würden gerne beide wieder treffen.