
3. Juli 2019
Am 3. Juli 2019 verließen wir die Marina in Kalamariá (Thessaloníki) mit dem Ziel Néa Michanióna, einer kleinen Stadt südöstlich von Thessaloníki, in der sich der Fischereihafen von Thessaloníki mit einem großen Fischmarkt befindet. An Segeln war zunächst nicht einmal zu denken. Der Wind wehte mit 5 Beaufort von vorne. Nach einer guten Stunde konnten wir unseren Kurs ändern. Jetzt kam der Wind schräg von vorn. Beide Segel halfen jetzt unserem Motor. Das Meer im Thermaischen Golf vor Thessaloníki ist nicht tief, wir mussten mit relativ großem Abstand zur Küste segeln, um sicherheitshalber etwa 10m Wasser unter Rümpfen zu haben. Der Platz zwischen dem Verkehrstrennungsgebiet für die großen Schiffe und dem Bereich, in dem wir uns bewegen konnten, war an manchen Stellen sehr begrenzt. Vor Néa Michanióna waren weit ins Meer herausragende mit Bojen gekennzeichnete Areale für uns gesperrt. Hier wurde zum einen Muschel- und Austernzucht betrieben und andererseits versperrte eine Pipeline die direkte Anfahrt. Während der letzten halben Stunde fuhren wir wieder ohne Segel, sie konnten uns nicht mehr helfen, da der Wind direkt von vorn kam.

Im Hafen von Michaniónia war die Pier so hoch, dass wir nicht vom Boot auf die Pier gelangen konnten und Wolfgang mit den Festmacherleinen Lasso werfen musste, um die Poller zu erreichen. Wir hielten einen großen Sicherheitsabstand von der Pier und nutzten unser Dinghi, um an Land zu kommen. Das funktionierte gut. Am Abend des 4. Juli entwickelte sich plötzlich bis zu 18kn kräftiger Wind aus nördlicher Richtung. Der Hafen ist nach Norden offen, deshalb hatten wir keinen Schutz. Es entstand starker Schwell und Meerkat wurde Richtung Pier gedrückt. Unser Anker hielt gut, aber wir waren gewarnt, wie schnell sich eine kritische Wetterlage entwickeln kann. Deshalb verabschiedeten wir uns endgültig von dem Plan, mit dem Bus nach Thessaloniki ins Zentrum zu fahren. Wir fanden hier die Kabelverbinder, die wir zum Anschluss des neuen Inverters brauchten, aber nicht die noch benötigten Sicherungen. Wie in der Vergangenheit so häufig suchten wir ein Geschäft für Gasflaschen in der Nähe des Hafens auf. Der Inhaber telefonierte mit seinem Lieferanten in Thessaloniki und versprach, uns zwei passende Gasflaschen zu liefern. Ich sollte am Nachmittag zwischen 19 und 20 Uhr wiederkommen, dann hätte er diese im Geschäft. Ich konnte es kaum glauben, aber ich traute mich zu hoffen, dass es doch noch eine Lösung für unser Gasproblem gab. Doch als wir zur vereinbarten Zeit wieder dort waren, gab es leider wieder nicht die passenden Gasflaschen für uns.

Donnerstags war ein riesiger Wochenmarkt hier, wo ich unsere Vorräte auffüllen konnte. Nachdem wir einen Adapter für den Anschluss an die Stromsäule auf der Pier gekauft hatten und Wolfgang mir das Kabel mit dem Bootshaken auf die Pier gereicht hatte, konnten wir den Drucker anschließen und die benötigten Formulare für das Bafögamt ausdrucken. Das Postamt hatte allerdings schon geschlossen. Wir nahmen die vorbereiteten Briefe mit nach Limnos. Nach drei Nächten in Nea Michaniona setzten wir unseren Weg fort.

6. bis 7. Juli 2019
Noch einmal ging es durch den Kanal bei Nea Potidea. Wir ankerten vor dem Strand südlich der Kanalausfahrt an der Ostküste Kassandras.

Dort hatten wir im vergangenen Jahr auch schon geankert. Wir machten Pause und warteten auf den für die Nacht vorhergesagten günstigen Wind um weiter südostwärts zu segeln. Der Wind kam etwas früher als erwartet. Schon gegen 22 Uhr legten wir wieder ab. Dann aber entwickelte sich der Wind nicht wie vorhergesagt günstig für uns, sondern gänzlich gegen uns. Jetzt gab es aber auch kein zurück mehr, wir mussten unter Motor gegen den Wind durch die finstere Nacht. Das Seegebiet war uns zum Glück bekannt. Wir wussten von der unbeleuchteten Insel und den der Küste Sithonias vorgelagerten Felsen. So kamen wir sicher und wohlbehalten, aber genervt und müde um 5:30 Uhr in Pórto Kóufo an. Dieses Mal war „unsere“ Mooring besetzt. Wir fanden einen nicht ganz so geschützten Ankerplatz in der Nähe einer Flussmündung gegenüber der Einfahrt in die Bucht. Dort ist das Wasser nicht so tief. Ganz in der Nähe entdeckten wir die Segelyacht Camira von unseren schottischen Freunden. Und unsere Freundin Liane aus Friedeburg, die mit ihrem Wohnmobil hier unterwegs ist, kam am Mittag hier an das Ufer der Bucht. Die Wiedersehensfreude war groß.

8. Juli 2019
Wir blieben noch zwei Nächte, bevor wir nach Limnos aufbrachen. Jetzt hatten wir wieder einmal den Wind schräg von vorn, fast die ganze Zeit lief der Motor. Normalerweise wäre ich deshalb ziemlich grantig gewesen, doch dieses Mal befanden wir uns etwa 4,5 Stunden inmitten eines riesigen Schwarms von Thunfischen.
Wir sahen sehr große, hell glitzernde Fische. Sie schwammen ungefähr so schnell wie wir fuhren. Viele Thunfische, sprangen beim Jagen aus dem Wasser sprangen. Später entdeckte Wolfgang zwischen den Thunfischen einen sich sehr schnell fortbewegenden „roten Flecken“, der lange Zeit neben Meerkat schwamm. Er filmte ihn mit dem Handy.

Beim genaueren Betrachten des Videos erkannten wir, dass es wohl ein Thunfisch war. Die rote Farbe war eine breite Wunde auf dem Rücken, die wahrscheinlich durch eine Schiffsschraube verursacht wurde. Es war so ein Tumult im Wasser um uns herum, ich hatte den Eindruck, da ging es den Tieren um Leben und Tod. Es ist so schade, dass ich nicht mehr über das Leben im Meer weiß, aber ich bin ja noch lernfähig.
Als dieses Schauspiel vorbei war, dauerte es nicht lange, bis eine große Delphinschule uns begleitete. Die imposanten Tiere sprangen und tauchten munter um Meerkat herum. Auch das hatten wir in der Größe und Dauer vorher nicht erlebt. Tief beeindruckt und erfüllt erreichten wir nach etwa 12 Stunden den Hafen von Myrina auf Limnos. Wir ankerten im Vorhafen, da am Stadtkai kein Platz war.
Am nächsten Morgen legten einige Boote vom Stadtkai ab. Wir legten dort römisch-katholisch an. Damit unser Driveleg nicht bei Schwell gegen die Mauer stoßen konnte, wählten wir den Abstand zum Kai so dass wir unser Dinghi benutzten mussten, um an Land zu kommen. Das Beiboot war sowohl an Meerkat als auch an der Hafenmauer festgebunden. Wir kletterten erst ins Dinghi und dann von dort aus an Land. Diese Art an Land zu kommen ist ziemlich einzigartig und brachte uns viele belustigte Kommentare. Wir kamen damit meistens gut zurecht bis auf einmal als Wolfgang erst beinahe selbst ins Wasser fiel und dann kurz darauf sein Handy ins Wasser fiel. Fast sechs Meter tief musste er tauchen, um das Telefon zu bergen. Teils belustigt, teils bewundernd klatschten die Bootsnachbarn Applaus. Obwohl er sein Smartphone sofort öffnete, mit Süßwasser spülte und trocknete, funktionierte es nicht mehr. Glücklicherweise funktionierten die SIM-Karte und die externe Speicherkarte noch. So konnten wir die alte Telefonnummer weiter nutzen und die Fotos von der externen Speicherkarte retten.

In der Nacht vom 10. auf den 11. Juli wütete in der Ägäis ein fürchterlicher Sturm, der im Bereich zwischen Sithonia und Kassandra am schlimmsten war und sogar 7 Todesopfer forderte. Bei uns im Hafen stürmte es auch sehr, aber wir lagen gut und unser Anker hielt sogar zwei Boote, unseres und die Last von dem Nachbarboot (einer chaotischen Chartercrew), dessen Anker nicht so gut hielt und gegen Meerkat drückte. Gordon von der Camira, die inzwischen auch eingetroffen war, hatte in der Nacht vor Anker im Vorhafen 46 kn (9 Bft) Wind gemessen. Wir waren alle sehr froh und dankbar, dass uns nichts passierte.
Am nächsten Morgen legte Camira mit Louise, Gordon und der Katze Lilly auch an dem Stadtkai an. Die Katze hatte im vergangenem Winter Camira mit Louise und Gordon als ihr neues Zuhause auserkoren. Sie hatte ihre Freude daran, andere Boote zu erkunden, was zu viel Aufregung bei ihren „Eltern“ führte.
Die Tatsache, dass Wolfgang ein neues Handy brauchte, verlängerte unseren Aufenthalt in Myrina. Zuerst versuchten wir, dort eines zu kaufen. Das ging nicht, es gab wohl bei den in Betracht kommenden Modellen Lieferschwierigkeiten oder gefühlt endlos lange Lieferzeiten. Nach Abwägen der verschiedenen Möglichkeiten bestellte er schließlich ein Telefon in Deutschland. Es wurde zu unserer Tochter Anne gesendet, die es dann mit DHL-Express zu uns schickte. Das Hotel am Hafen hatte sich bereit erklärt, ein Paket für uns anzunehmen. DHL-Express wirbt damit, dass ein Paket von innerhalb Europas innerhalb eines Tages, weltweit innerhalb von 1 bis 3 Tagen ausgeliefert wird. Bei uns dauerte es leider 6 Tage.
Zu dieser Zeit sind viele Charterboote mit mehr oder meistens weniger erfahrenen Skippern unterwegs. So konnten wir täglich Hafenkino vom Feinsten beobachten, z.B.: beim Ankeraufmanöver herausgerissene Anker von Nachbarbooten; Fahren in die und dann Hängenbleiben an der Kette von unserem Nachbarboot; Versuch auf einen zu engen Liegeplatz zu gelangen, natürlich unter unsanfter Verdrängung der Nachbarboote; Verfehlen des Liegeplatzes mit Auffahren auf den Bug des daneben liegenden Bootes; vielfache Anlegeversuche, die abgebrochen wurden, weil die Länge der Ankerkette überschätzt wurde.
Eines Tages legte ein Motorboot mit griechischer Flagge neben uns an. Wir hörten die Crew deutsch reden. Die Besitzer des Bootes sind ein deutsch-griechisches Ehepaar, die seit 30 Jahren in der Nähe von Xanthi in Nordgriechenland leben und in Stuttgart ein spanisches Restaurant betreiben. Im Gespräch mit ihnen erzählte ich, von unseren vielen bisher erfolglosen Versuchen, die richtigen Gasflaschen für Meerkat zu bekommen. Nikos hing sich sofort ans Telefon und bekam die Auskunft, dass es natürlich solche Gasflaschen gebe. Am nächsten Tag brachte uns ein Händler aus dem Landesinneren von Limnos zwei 5 kg Gasflaschen mit einem passenden Adapter vorbei. Es waren nicht die, die wir eigentlich wollten und die gepasst hätten, aber wir beschlossen, sie trotzdem zu verwenden. Dazu musste eine neue Halterung für eine Gasflasche geschreinert werden. Die zweite Gasflasche hatte leider keinen Platz mehr daneben und musste anderweitig verstaut werden. Nun mussten wir nur noch jemanden finden, der uns einen Holzboden mit entsprechenden Aussparungen für das Gasfach fertigen würde, damit die neue Flasche einen sicheren Stand hatte. Von Freunden ist uns ein Bootsmechaniker in Kavala empfohlen worden, an den wir uns wenden wollten.


Limnos ist eine schöne Insel, wir vertrieben uns die Zeit mit ausführlichen Spaziergängen, dem Genuss von ungezählten Sonnenuntergängen, kulinarischen Köstlichkeiten wie Lamm im Backpapier gegart, und auch weniger beliebten Aufgaben wie das Reinigen unsere Vorhänge auf Meerkat und dem Erledigen von wichtigen Arbeiten am Laptop.